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Die Glücklichen haben eine Garage, in der sie ihre Pflanzen überwintern können. Die anderen müssen improvisieren.

Foto: Corbis

Nicht jeder verfügt über einen kalten hellen Wintergarten, in dem Oleander, Engelstrompeten und Hibiscus rosa-sinensis geduldig, aber würdevoll die ersten warmen Frühlingstage erwarten. Wer Kübelpflanzen sein Eigen nennt, braucht mitunter einen Schub Kreativität und ein gesundes Maß an sozialer Intelligenz, um seine Zöglinge sicher durch die frostig-feuchte Zeit der winterlichen Dunkelheit zu bringen. "Hast du Glück, hast du Garage" - so ein altes Jugo-Sprichwort. Und es stimmt.

Garagen werden durch das Ein- und Ausfahren regelmäßig gelüftet und geheizt, sind in der Regel frostsicher und bieten das eine oder andere Winkerl Platz für Topfpflanzen. Sind sie jedoch stockdunkel, so werden Laub tragende Pflanzen dieses abwerfen, da ihnen das Laub nun keine Energie mehr via Licht bereitstellen kann. Das macht aber nichts, denn die Blätter wachsen nach. Steht dem Bobo in seinem Haidgassenaltbau aber nur ein schmaler Lichtschacht zur Verfügung, so kann auch dieser dienlich sein. Dazu muss man den Schacht mit einer transparenten Folie überdachen. Die Folie allein reicht schon, um ein Frieren, ein Verlieren der Tagestemperaturen über Nacht zu verhindern. Ähnliches kann man auch auf dem Balkon inszenieren. Aber was wäre Österreich ohne diesen seltsamen Trieb hin zu allem, was mit Keller zu tun hat: Kellergassen, Kellermeister, Weinkeller, Discokeller, Luftschutzkeller, Kohlenkeller, Kellerwohnungen ... Also raus mit all dem Klumpert, dem Wein, den Skischuhen, raus mit dem alten Mobiliar und rein mit Platz. Platz für die unzähligen Töpfe und die darin steckenden, auf einen Zahnstocher zurückgestutzten Lieblinge.

Dunkelheit und Kälte

Wichtig bleibt, dass Dunkelheit mit Kälte einhergeht. Die Pflanze darf nur ja nicht auszutreiben beginnen. Ist der Keller aber geheizt, so wird es schwierig. Die Pflanze empfängt nun zwei unterschiedlich zu deutende Signale: Von der Dauer und der Intensität des Lichts her möchte sie auf Winter-Modus schalten, von der Temperatur her könnte sie eigentlich ihr Wachstum fortsetzen und so tun, als ob es mildes Frühjahr wäre. Das halten nur wenige Kübelpflanzen aus, unter ihnen der Korallenstrauch Erythrina crista-galli, der Bleiwurz Plumbago capensis, aber auch Dahlien, Canna oder der Zwergingwer Hedychium.

Keinen Keller, keinen Lichtschacht, keine Garage ...? Dann ab ins Stiegenhaus. Stiegenhäuser sind wahre Pflanzenparadiese, und es sollte winterliche Bewerbe geben, welches denn am schönsten sei. Platz gibt es genug, es ist ausreichend kühl, und selbst die Lichtintensität lässt sich variieren. Darüber hinaus kommt man täglich an seinen Zöglingen vorbei, prüft die Erde, kontrolliert das Laub, drückt prüfenden Blicks den Stamm und sorgt allein durch Zuwendung für esoterisch wertvolles Wohlfühlen bei den Pflanzen.

Und hier kommt die soziale Intelligenz ins Spiel. Denn nur wer es übers Jahr hin geschickt anstellt und seine Mitbewohner, Nachbarn, Hausmasta und sonstige Bedrohungen einem gewogen stimmt, kann mit der intensiven Nutzung der Allgemeinflächen im Haus rechnen. Alle anderen müssen davon ausgehen, dass es ihnen ergehen wird wie Maria Englstorfer im allerersten Kottan, Hartlgasse 16a: Sie werden sich regelmäßigen Attentaten gegen ihre Pflanzen ausgesetzt sehen. (Gregor Fauma/Der Standard/rondo/11/11/2011)