Wo die Kupferlampen tanzen: Clara und Alexander Wüllerstorff putzten ein abgenudeltes Vorstadtbeisl auf Hochglanz...

Foto: Gerhard Wasserbauer

...und bekochen es auf sehr sympathische Art.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Das schöne Eichenparkett sei ursprünglich gar nicht mehr zu erahnen gewesen, erzählt Alexander Wüllerstorff: "Als wir das Lokal gekauft haben, sah das aus wie schwarzer Belag - erst beim Saubermachen sind wir draufgekommen, dass sich da der Grind von Jahrzehnten reingefressen hatte." Auch sonst sei das Beisl an der Ecke Ameisgasse / Linzer Straße hauptsächlich durch das aufgefallen, was Euphemisten als Wirtshausflair bezeichnen, mit ordentlich Putzen und einem guten Allzweckreiniger aber aus der Welt geschafft werden kann. Dementsprechend erstrahlt das Lokal nach "wochenlangem Schrubben" in wunderbar patiniertem, blitzsauberem Glanz - fast wirkt es so, als ob der Dreck sich einst konservierend über die eicherne Lamperie, die rustikalen Resopaltische, die Vitrine bei der Schank gelegt hätte, um nun, endlich, ein lupenreines 1970er-Dekor freizugeben.

Kleine, regelmäßig frisch geschriebene Karte

Dass sich in der Vitrine französische Rohmilchkäse von Epoisses abwärts und in durchaus fortgeschrittenem Reifestadium stapeln, darf als Hinweis gelten, dass es hier auch in der Küche ein bissl anders zugeht, als man das in Vorstadtbeiseln allzu oft erwarten muss. Wüllerstorff hat viele Jahre in hochdekorierten Restaurants im In- und Ausland hinter sich. Dass er sich nun so ein Tschecherl in eher nicht so lukrativer Lage antut, darf aber nicht als Hinweis verstanden werden, dass er sich in der Küche nun nix mehr antuen wolle. Ganz im Gegenteil: Die kleine, regelmäßig frisch geschriebene Karte strotzt nur so vor verlockenden Positionen.

Das Gansleberparfait etwa ist eine herrlich würzige, zartcremige Komposition, die mittels eingearbeitetem Birnenmark und gar nicht wenig Portwein schon sehr erwartungsfroh nach Weihnachten schmeckt. Aber auch die standardmäßig vorhandene Leberknödelsuppe (im Bild) überzeugt: durch sattes Liebstöcklaroma der Suppe, durch lockeren, nur zart lebrig schmeckenden, gebackenen Knödel und, nicht zuletzt, durch eine wirklich großzügige Portion frischgeschnittenen Schnittlings. Wildragout mit Pallfyknödel gerät wunderbar dicht, das Fleisch saftig und mürbe, die Sauce mit reichlich passiertem Wurzelgemüse von einer Molligkeit, wie sie sonst nur Großmamas zusammenbringen. Großartig auch das Beuschel, und zwar just deshalb, weil es sich nicht mit Obers und Petersildeko auf fein kostümiert: dunkel, tiefwürzig und mittels erstklassigem Weinessig gesäuert präsentiert es sich so ehrlich gut, wie man es kaum noch finden darf. (Severin Corti/Der Standard/rondo/18/11/2011)