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Es hat schon fast etwas Therapeutisches, sich ein-, zwei-, dreimal pro Jahr ein wenig herauszuputzen.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

+++Pro
Von Roman David-Freihsl

Im ewig gleichen Alltagstrott neigen wir zugegebenermaßen dazu, die Zügel nach und nach ein wenig schleifen zu lassen. Nicht, dass wir regelrecht verlottern - aber so ein bisserl ein optischer Schlendrian stellt sich doch ein. Da hat es schon fast etwas Therapeutisches, sich ein-, zwei-, dreimal pro Jahr ein wenig herauszuputzen. Auf Bällen hat das dann zwar immer einen leichten Touch des Nostalgischen, ein rückwärtsgewandtes Mehr-Schein-als-Sein. Mag sein. Aber wenn man schon noblich ballestert, dann wenigstens ordentlich. Was wäre die schönste Robe, wenn sie dann obendrüber von einem Besenschädel konterkariert würde? "Entweder - oder, Popsch oder Goder", pflegte die Großmutter immer zu sagen (okay, auf dem Ball sollte man dann auch die eigene Sprache auffrisieren). Und was die eigene, dem männlichen Geschlecht zugehörige Person betrifft: Vor dem Frackzwang (Zwang im Sinne von hinein-zwängen) muss auch der Dreitagesbart-Stoppelglatzen-Look dran glauben. Da wird der Rasierer für die Ballfrisur ausgepackt.

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Kontra---
Von Thomas Rottenberg

Der zentrale Logengang beim Opernball ist eng und niedrig. Nichts für Klaustrophobiker. Schon gar nicht, wenn da zwei Lawinen aufeinander zurollen: Von links Gottschalk, von rechts Lugner. Es schiebt und wogt. Bis zur Decke: Kameras, Mikros, Lichter, Nahkampf.

Wo die Pulks aufeinandertreffen werden, stehen drei Debütantinnen. Sie glauben, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein: "Herr Gottschalk, ein Fo...". Zu spät erkennen sie ihre Lage.

"Schleich di!" - "Wos mochn de Kinda do?" Eine Jungdame kracht gegen die Wand: Ihr Glück. "Kopf weg!" - "Obe mim Plutza!" Ein Tele knirscht am Krönchen. Eine Hand wischt eine Frisur zur Seite: "Auaaaa!" - "Putz di, Puppe!"

Zurück bleiben drei fassungslose, derangierte Mädchen. Die Kleider schwer verdrückt - aber ein bisserl Zupfen wirkt oft Wunder. Doch dann der Blick in den Spiegel: "Oh Gott! Die Frisuren. Voll hinüber. Das kriegt heute keiner mehr hin." Zuerst kommen die Tränen - dann die Erkenntnis: "Der ganze Aufwand - für nix." (Der Standard/rondo/13/01/2012)