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Um entscheidendes zu verändern, fehle die rechtliche Position, sagt Studierendenanwalt Josef Leidenfrost.

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Standard: Was ist Ihre Tätigkeit als "Studierendenanwalt"?

Josef Leidenfrost: Die Hauptfunktionen der Studierendenanwaltschaft sind aufklären, vermitteln und helfen. Und zwar für Studierende an Universitäten, Fachhochschulen und Akademien.

Standard: Mit welchen Problemen kommen die Studenten?

Leidenfrost: Es sind hauptsächlich finanzielle Belange des Studiums: Die Studiengebühren oder wie man davon befreit werden kann. Auch studienrechtliche Fragen oder Dinge über die Infrastruktur, wenn es zu wenig Platz gibt oder man lange auf ein Zeugnis warten muss, kommen vor.

Standard: Verstehen Sie sich als Anwalt im strengen Sinn dahingehend, dass Sie sich immer hinter ihre Klienten, die Studierenden, stellen, und gegebenenfalls auch gegen Ihren Arbeitgeber, das Ministerium?

Leidenfrost: Das geht schwer, weil wir weisungsgebundene Beamte sind. Bei Begutachtungen von Gesetzen oder Novellen geben wir aber sehr wohl Stellungnahmen ab. Gegen Dinge, die vom Parlament beschlossen sind, können wir nicht vorgehen.

Standard: Gibt es Gespräche mit Ministerin Gehrer?

Leidenfrost: Ja, sehr direkte und konstruktive. Aber wir sind natürlich nicht zu ihr gegangen und haben gesagt: "die Studiengebühren gehören abgeschafft". Das steht uns nicht zu. Wir haben eine beratende Funktion, keine fordernde.

Standard: Sie sind also mehr ein Vermittler zwischen Unis und Studierenden?

Leidenfrost: Ja, genau. Das, was an uns herangetragen wird, geben wir zu den Institutionen zurück und fragen die Verantwortlichen vor Ort, wie die Situation ist und was getan werden kann. Meistens bessert sich dann auch etwas.

Standard: Zum Beispiel?

Leidenfrost: Ein konkreter Fall war, dass bei einzelnen Institutionen in Wien, Graz und Innsbruck, das Kopieren von korrigierten Prüfungsbögen - was laut UG 2002 erlaubt ist - so ausgelegt wurde, dass sich die Leute hinsetzen und alles mit der Hand abschreiben durften. Wir haben dann die Auskunft gegeben, dass Kopieren auch die mechanische Wiedergabe oder jene mit einem Fotoappart bedeutet.

Standard: Inwieweit denken Sie, dass die Unis aus Geldnot Forderungen, wie jener nach mehr Lehrveranstaltungen, nicht nachkommen können?

Leidenfrost: Ab diesem Semester werden ja die Studienbeiträge an den Universitäten verbleiben und dort eingesetzt. Bei Disziplinen, in denen es immer wieder Kapazitätsprobleme gibt, kann man dann Ressourcen umbündeln.

Standard: Wird die Situation an den Unis durch die Studiengebühren besser werden?

Leidenfrost: Ich glaube, dass es teilweise schon besser ist. Die Studienbeiträge stellen eine zusätzliche Einnahmenquelle dar. Die Studierendenzahlen sind ja nicht zurückgegangen, es kommen sogar größere Jahrgangskohorten nach.

Standard: Tatsache ist aber, dass die Studenten immer noch am Boden oder auf Fensterbrettern sitzen müssen und auch Prüfungen nicht dann ablegen können, wann sie wollen.

Leidenfrost: Das sind Zustände, von denen die Verantwortlichen oft gar nichts wissen. Es ist auch schwierig, dass man ad hoc, und irgendwie über Nacht oder in den letzten zwei Jahren das alles verbessert. Es liegt nicht immer alles an der bösen Bürokratie. Zu Semesterbeginn kommt es bei Anmeldungen für Lehrveranstaltungen immer zu einer Flaschenhalssituation. Das "one-stop-shop"-Prinzip ist im Zeitalter der Internets leider noch immer nicht realisierbar.

Standard: Bei Ihrem hauseigenen Projekt "improve" können Studierende seit 2001 via Internet Verbesserungsvorschläge bringen. Diese sollten laut Elisabeth Gehrer in die hochschulpolitische Arbeit einfließen. Ist das passiert?

Leidenfrost: Beim Studienförderungsgesetz, das jetzt novelliert wurde, ist es passiert. Es soll aber auch bei Gesetzesnovellen passieren, die neu kommen.

Standard: Sie sagten einmal: "Studenten sind Kunden." Kunden dürfen aber nicht mitbestimmen. Genau das aber wollen die Studierenden.

Leidenfrost: Für mich sind sie Kunden in dem Sinne, als dass sie sich etwas erwarten von der Institution, mit der sie eine Bindung eingehen. Aber sicher nicht Kunden im Sinne dessen, dass der finanzielle Bereich im Vordergrund steht.

Standard: Was denken Sie über Zulassungsbeschränkungen?

Leidenfrost: Auch wenn es gesetzlich aktuell sicher nicht möglich ist, scheint es manchen Unis ein Anliegen zu sein, sich ihre Studierenden selbst auszuwählen. Und so weit sie im derzeitigen UG die Möglichkeit dazu haben, machen sie es offensichtlich schon. Bezüglich Knockout-Prüfungen ist die Freiheit der akademischen Lehre etwas, gegen das wir nicht vorgehen können. Es ist der Institution überlassen, etwas zu tun. Wir können nur vermitteln. Wir haben nicht die rechtliche Position, Einschneidendes zu verändern. (Der UniStandard, Printausgabe, 26.2.2003)