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Repro eines Filmstills von Otto Muehl aus 'Mondrian Boogie Woogie' (electric painting) aus dem Jahr 2003

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FOTO : APA / ARCHIVES MUEHL / Paris / MAK

"Otto Muehl", Unikatsiebdruck 1989

FOTO : ARCHIVES MUEHL / Paris / MAK

Margret Thatcher, 1989, 100 x 86 cm, Unikatsiebdruck auf Papier

© Foto: Georg Mayer/MAK

Wien/Eisenstadt – Sechseinhalb Jahre seiner siebenjährige Haftstrafe musste Otto Mühl absitzen. Verurteilt hat ihn das Landesgericht Eisenstadt im November 1991 wegen mehrerer Delikte: Von Vergewaltigung über Unzucht mit Unmündigen bis hin zu Verstößen gegen das Suchtmittelgesetz. Neue Vorwürfe, die eine Gruppe von Ex-Kommunarden erhebt, dürften aber verjährt sein.

Während laut Staatsanwalt Karl Rabong vom Eisenstädter Gericht das jüngste Opfer in den 1991 verhandelten Fälle knapp zwölf Jahre alt war, beschuldigen die ehemaligen Anhänger Mühl, auch Kleinkinder sexuell missbraucht zu haben.

Schon Fünfjährige soll der Leiter des Friedrichshof gezwungen haben, ihn zu befriedigen. Vor Gericht dürfte Mühl sich deshalb aber nicht mehr verantworten müssen, vermutet Staatsanwalt Rabong. "Es liegt bisher noch keine Anzeige vor, wir würden sie aber selbstverständlich genau prüfen. Allerdings betrug zum Zeitpunkt der Tat die Verjährungsfrist bei den Sexualdelikten zehn Jahre, die dürfte daher schon abgelaufen sein", schätzt der Ankläger.

Für Hans Schroeder-Rozelle, einen der Ex-Kommunarden, geht es aber nicht so sehr um die Vergangenheit. Er befürchtet, dass in Mühls neuer Kommune im portugiesischen Faro die dort lebenden Kinder weiter in Gefahr sind.

Vorwürfe im Spiegel

In der neuen Ausgabe des deutschen Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" werden erneut Missbrauchsanschuldigungen gegen den österreichischen Künstler und ehemaligen Kommunen-Gründer Otto Muehl (Otto Mühl) erhoben. Das Magazin berichtet von eidesstattlichen Erklärungen, in denen zwei junge Frauen aussagen, dass Muehl sie als kleine Kinder zu sexuellen Handlungen gezwungen habe. Eine der beiden, heute 29, sagt etwa aus, sie habe als Fünfjährige, umringt von der Führungsmannschaft der Kommune, Muehl sexuell befriedigen müssen. Erst jüngst hatte Muehl in einem Interview beteuert, er habe nur mit geschlechtsreifen Partnerinnen verkehrt.

Betroffene: "Es darf doch nicht sein, dass er ins Museum kommt und wir in der Klapse enden"

Für eine Stellungnahme zu den neuen Vorwürfen war Mühl laut "Spiegel" Ende vergangener Woche nicht erreichbar. Die beiden nun gegen Mühl auftretenden Frauen sagen, sie seien zur Zeit der Gerichtsverhandlung gegen Mühl von Ex-Kommunarden gezwungen worden, nicht über die Geschehnisse zu reden. Im Wiener MAK wird morgen die Ausstellung "Otto Muehl. Leben / Kunst / Werk. Aktion Utopie Malerei 1960-2004" eröffnet, was den Unmut einer der beiden Frauen findet: "Es darf doch nicht wahr sein, dass Otto Mühl nach dem, was er den Kindern vom Friedrichshof angetan hat, ins Museum kommt und viele von uns mit den psychischen Schäden, die er uns zugefügt hat, in der Klapse enden."

Strafrechtlich sollen Taten verjährt sein

Strafrechtlich sollen die neuen Vorwürfe irrelevant sein, weil die Taten verjährt sind. Kommentar von MAK-Direktor Peter Noever im "Spiegel": "Wir müssen die Ausstellung jetzt einfach machen, danach kann man über die Geschichte reden."

Interview Mühls mit der "Zeit"

Auswirkungen zeigte bereits ein Interview in der Wochenzeitung "Die Zeit" (26.2.) im Vorfeld der der Otto Muehl-Ausstellung; die FPÖ fordert nun eine Absage: MAK-Direktor Peter Noever solle "aus Respekt vor den Opfern" Muehls die Schau absetzen, schreibt der freiheitliche Kultursprecher Eduard Mainoni am Freitag in einer Aussendung. Stattdessen solle "Muehls Opfern breiter Raum gegeben werden".

Anstoß nimmt Mainoni vor allem an Muehls "problematischem Vorleben, insbesondere in Bezug auf seine sexuellen Kontakte mit Minderjährigen". Die Opfer würden noch immer unter den Vorkommnissen in der Friedrichshof-Kommune leiden, wo der Künstler "seine Neigungen ausgelebt habe": "Jene Menschen, die damals schwer traumatisiert worden sind, müssen es geradezu als Schlag ins Gesicht empfinden, wenn man Muehl jetzt offiziell feiert."

Bei seiner Forderung gehe es nicht um eine Beschränkung der Freiheit der Kunst, so Mainoni: "Ob Muehl ein Künstler ist oder nicht, mag die Nachwelt entscheiden." Es gehe um den Respekt vor den Opfern. "Erschwerend" komme hinzu, dass der Künstler bis heute "auch nicht das geringste Anzeichen von Reue zeige", wie man in der jüngsten Ausgabe der deutschen Wochenzeitung "Die Zeit" nachlesen könne. Gleichzeitig beschimpfe Muehl auch noch Österreich "auf das Derbste".

SP gegen Absage

"Die Ausstellung soll stattfinden": Die Kultursprecherin der SPÖ, Christine Muttonen, hat sich gegen die von der FPÖ geforderte Absage ausgesprochen. "Die Straftaten Otto Muehls sind die eine Seite, die Kunst eine andere. Das darf man nicht vermischen, und ich sehe auch keinen Grund, diese zwei Seiten zu vermischen", so Muttonen am Rande einer Pressekonferenz. Der von der FPÖ geforderte "breite Raum" für die "Opfer Muehls" solle in den Begleitveranstaltungen zur Ausstellung geboten werden, so Muttonen weiter.

NÖ-Sektenbeauftragter gegen "Guru"

Kritik an der Ausstellung übt auch der Familienreferent und Sektenbeauftragte des Amtes der NÖ Landesregierung, Peter Pitzinger, in einer Aussendung. Otto Mühl sei "nicht irgendein Künstler, über dessen 'Kunstwerke' man zwar streiten kann, der ansonsten aber unauffällig ist". Er sei "nicht nur in seiner Zeit als so genannter 'Wiener Aktionist' mehrmals mit dem Gesetz in Konflikt geraten", sondern auch "als 'Guru' einer sektenähnlichen Kommune" verhaftet und wegen Unzucht mit Minderjährigen und anderer Delikte zu sieben Jahre Gefängnis verurteilt worden. "Wird nun seine Kunst ausgestellt und bewundert, so dient das ihm persönlich und der staunenden Öffentlichkeit letztlich als Rechtfertigung seiner Lebenssicht und seiner künstlerisch verbrämten strafbaren Handlungen", so Pitzinger. Dies treffe umso mehr zu, "als in seinen 'Kunstwerken' ja hauptsächlich sexuell perverse und aggressive frauenfeindliche Motive dominieren. Ein Mann, der sagt seine Opfer hätten ja schließlich Spaß an ihrem Missbrauch gehabt, ist widerwärtig. Einem solchen Mann darf keine weitere Bühne gegeben werden. Das verlangt der Opferschutz und der Anstand von uns." (APA/moe)