Seit Jahren beschäftigt der Zinsenstreit die Gerichte. Selbst die Hauptfrage - ob Banken Kreditnehmern wirklich überhöhte Zinsen verrechneten - ist bis heute nicht endgültig entschieden. Zurzeit steht im Blickpunkt allerdings die Frage, innerhalb welcher Frist (drei oder 30 Jahre) die Rückforderung verjährt und wann die Verjährung zu laufen beginnt.

Verjährungsfrist

Seit den Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes (OGH) vom letzten Sommer steht fest, dass ein - relativ betrachtet - günstiger Kredit durch die Zinsanpassung nicht allmählich zu einem teuren werden darf. Doch entgegen der gesetzlichen Grundregel, wonach Forderungen aus ungerechtfertigter Bereicherung in 30 Jahren verjähren, erklärte der OGH in Analogie zu einer Spezialvorschrift aus dem Mietrecht, die Verjährungsfrist betrage nur drei Jahre. Dies sei nötig, um Banken vor exorbitanten Rückforderungen und Gerichte vor einer "Klagsflut" zu schützen.

Beides ist mittlerweile widerlegt. So erklärte z. B. der Sparkassen-Sektor, Verbrauchern ohne Einwand der Verjährung 70 Prozent der Zinsschäden zu refundieren - und ging dabei nicht Bankrott. Die "Klagsflut" wurde durch die vom OGH postulierte dreijährige Verjährung erst ausgelöst. Bei 30 Jahren hätten Kreditnehmer, ohne selbst klagen zu müssen, die laufenden Musterprozesse abwarten können. So aber mussten Konsumentenschützer Verbrauchern den raschen Gang zu Gericht empfehlen, um nicht alles zu verlieren.

Startschuss für Verjährung

Dabei ließ der OGH offen, wann die Verjährung zu laufen beginnt. Denkbar sind vier Zeitpunkte: 1. mit jeder einzelnen Rate (diesfalls wären die meisten Forderungen verjährt); 2. mit "Überzahlung", d. h. mit jenem Zeitpunkt, zu dem bei korrekten Zinsen der Kredit bereits vollständig zurückgezahlt wäre (dieser Zeitpunkt tritt erst gegen Ende der Laufzeit ein); 3. mit vollständiger Tilgung; und 4. mit dem Zeitpunkt der ersten Nachrechnung. Dieser Zeitpunkt ist dann wichtig, wenn man neben der vom OGH herangezogenen ungerechtfertigten Bereicherung die Klage auf dem Titel des Schadenersatzes stützt.

Die kürzlich erfolgte - nicht rechtskräftige - Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien (4 R 207/03w vom 19. 1. 2004) ist daher im Interesse von Kreditnehmern und Gerichten. Das OLG hält die Analogie zum Mietrecht für verfehlt, was für die 30-jährige Frist spricht. Und: Ein Bereicherungsanspruch stehe dem Kreditnehmer erst zu, wenn er Raten zahlt, die er ohne überhöhte Zinsen nicht geschuldet hätte. Die Verjährung beginne daher frühestens mit der "Überzahlung". Wenn sich diese Judikatur durchsetzt, werden Kreditnehmer leichter ihr Geld zurückerhalten, und die Gerichte bleiben von weiteren "Klagsfluten" verschont. (DER STANDARD Printausgabe, 16.3.2004)