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Foto: REUTERS/Larry Downing
Die Zukunft ist morgen", erkennt der amerikanische Präsident George W. Bush immer wieder mit Scharfsinn. Aber was bringt diese Zukunft? Gewinnt der Texaner oder sein demokratischer Herausforderer John Kerry die Wahlen am 2. November 2004? Und wie reagieren die Börsen auf den Wettstreit, der mit harten Bandagen und einer gewaltigen Werbemaschinerie ausgetragen wird? Der Kursrückschlag in den vergangenen beiden Wochen zehrt an den diesjährigen Kursgewinnen. Doch auch das paßt ins - statistische - Bild. Aktien starten für gewöhnlich recht schwach ins Jahr der Präsidentenwahl. So richtig aufwärts geht es erst von Ende Mai an. Dann zogen die Kurse in der Regel und wohlgemerkt in der Vergangenheit aber bis zum Jahresende an.

Wahljahre sind gute Börsenjahre

Nicht nur die an dieser Stelle schon erwähnte Jänner-Regel an den Börsen, mit all ihren zusätzlichen Schattierungen wie z.B. der Super Bowl-Regel, sondern auch im Zusammenhang mit einem Präsidenten-Wahljahr in den Vereinigten Staaten wie den heurigen weist die Statistik umfangreiche und vielleicht auch heuer wieder richtungsweisende Tendenzen auf und aus. Wer herausfinden will, welche Überraschungen die kommenden Monate für Anleger bereithalten, muß sich nicht lange mit dem Studium wolkiger Parteiprogramme aufhalten oder mühsam den Zusammenhang zwischen Steuern, Zinsen und Unternehmensgewinnen studieren.

Es genügt einfach, in den Kalender zu schauen und festzustellen: 2004 ist Wahljahr in Amerika. Und Wahljahre sind gute Börsenjahre, das lehrt ein Blick in die Vergangenheit: im dritten und vierten Jahr einer amerikanischen Legislaturperiode schlagen sich Aktien in aller Regel deutlich besser als in den ersten beiden Jahren, beschreibt zuletzt eine Studie der Schweizerischen UBS. Seit 1949 legte der amerikanische Leitindex S&P 500 im ersten Jahr nach der Wahl nur fünf Prozent zu, im zweiten acht Prozent. Im dritten und vierten Jahr glänzte er dann allerdings mit 19 und neun Prozent Gewinn.

Keine Garantie auf Wiederholung der Geschichte

Selbstverständlich sind historische Daten kein sicheres Indiz für das, was die Zukunft bringt, und in einzelnen Jahren wichen die Börsen stark vom Muster der Wahlzyklen ab. Denn es gibt noch zahlreiche andere und wichtigere Faktoren, die das Auf und Ab der Kurse an Wall Street bestimmen. Dennoch zählen Wahlzyklen zu jenen ernst zu nehmenden Marktbarometern, nachdem gerade Wahlzyklen zu den statistisch signifikantesten und am besten untersuchten Börsenzyklen zählen.

Das Muster von Wahlen und die Fieberkurve der Börse ähneln sich. Um wiedergewählt zu werden, geben Präsidenten jede Menge Geld aus und senken die Steuern im dritten Jahr ihrer Amtszeit, um der Konjunktur Schwung zu verleihen. Ein kräftiges Wirtschaftswachstum bildet für gewöhnlich die Basis für kräftige Gewinne am Aktienmarkt. Wichtiger noch: Der Wahlzyklus hat auch Einfluß auf die Geldpolitik, denn die Notenbank FED will im Wahlkampf nicht den Eindruck politischer Einflußnahme erwecken. Um so mehr ändert das FED die Zinsen vor einer Wahl nur ungern. Aktuell verheißt das eigentlich nur Gutes für die Börse, und die jüngsten, wenngleich wie immer kryptischen Aussagen von FED-Vorsitzenden Alan Greenspan deuten daraufhin, wonach es wohl kaum vor Dezember, oder gar erst im Jahr 2005 zu Zinserhöhungen kommen dürfte.

Aufräumarbeiten beginnen mit der neuen Legislaturperiode

Ist der Zusammenhang zwischen Wahl und Börse eine sichere Sache? Nein. So rutschten im März 2003 die Aktienkurse in den Keller, obwohl Anleger erwarten durften, daß sie sich im Jahr vor der Präsidentenwahl hervorragend entwickeln. Danach verlief allerdings alles nach Plan: Präsident Bush senkte mehrmals die Steuern, erhöhte den Staatskonsum nach Kräften und brachte so die Wirtschaft wieder ins Rollen.

Wenn dagegen ein neuer Präsident antritt, ist er oft in jedem Fall zu unpopulären Maßnahmen genötigt. Er muß die Steuern erhöhen und die Ausgaben kürzen, um das ausufernde Haushaltsdefizit seines Vorgängers wieder in den Griff zu bekommen. Ökonomen unterstellen sogar, daß die Schuldenmacherei bösartig und planvoll ist, vor allem dann, wenn der Amtsinhaber befürchten muß, die Macht zu verlieren. Volkswirte nennen das ganz griffig "Theorie der verbrannten Erde".

Egal ob Bush oder Kerry

Auch im Abschwung verstärkt die Notenbank mitunter den Zyklus: Sie bremst angesichts der wachsenden Staatsschulden und erhöht die Zinsen. Diese bittere Medizin schmeckt den Börsianern nicht so recht. 2005 dürfte es dementsprechend zumindest an der US-Börse ungemütlich werden, und normalerweise können sich die anderen Finanzplätze, insbesondere die europäischen, der Sogwirkung der Wallstreet nicht entziehen. Deswegen sollten sich Börsianer wappnen, sobald der neue US-Präsident auf die Bremse tritt - egal ob er Bush oder Kerry heißt!