So schnell kann ein geordneter Rückzug zu einer peinlichen Politgroteske verkommen. Und zwar ausgesprochen peinlich für Alfred Finz. So etwas muss einem Landesparteichef erst einmal passieren - einen falschen Rücktritt eines Spitzenfunktionärs zu verkünden und das dann auch noch als "Missverständnis" zugeben zu müssen.

Man muss den Zustand einer Partei nicht mehr beschreiben, wenn ein derartiger Lapsus von einem Wiener Funktionär kommentiert wird mit: "Oh je. Hat's der Alfi wieder einmal net kapiert."

Eine Landespartei, deren Chef nicht weiß, ob seine Spitzenfunktionäre zurücktreten oder sich zurückziehen, steht de facto ohne Vorsitzenden da. Es spiegelt nur das wider, was tagtäglich passiert: Der Staatssekretär ist in Wien weder präsent noch bestimmend. Und wenn er einen Schritt setzt - landet er meist im Fettnapf. Stichwort: Parteireform als Rohrkrepierer.

Walter Nettig hatte über Jahre hinweg als graue Eminenz in der Wirtschaftskammer den Ruf des Königsmachers in der Wiener ÖVP. Auch wenn man intern lange wusste, dass diese Zeit schon längst abgelaufen war.

Nach den Wahlerfolgen des Wolfgang Schüssel konnten die Wiener Funktionäre nur noch zusehen, wenn der Bundesparteiobmann etwa bei der Erstellung der Wiener Kandidatenlisten "korrigierend" eingriff.

Im Übrigen war auch Finz selbst als Schüssel-Mann an die Wiener VP-Spitze gehievt worden, um die unter Bernhard Görg renitenten Wiener auf Linie zu bringen.

Einem altgedienten Fuchs wie Nettig ist durchaus zuzutrauen, dass er nach diesen Vorfällen jetzt noch einmal zur Höchstform aufläuft. Vielleicht weniger bei der Kür seines eigenen Nachfolgers - sondern indem er eher bei der Wahl des tatsächlichen Spitzenkandidaten für die Wiener ÖVP "mithilft". (DER STANDARD Printausgabe, 25.03.2004)