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Foto: APA/Dyson
Vor kurzem hörte ich von einer Frühstückspension in Connecticut, die zu ihren Zimmern ein ungewöhnliches Angebot machte: die Vorbereitung von Steuererklärungen. Der Inhaber, ein früherer Steuerberater, sah in dieser Form des One-Stop-Shopping eine kreative Art, sein Produkt zu differenzieren. Zweifelsohne ist es sehr ungewöhnlich, zwei so krass entgegengesetzte Dienstleistungen zu bündeln. Normalerweise erwarten wir keine Antworten auf unsere Steuerfragen, wenn wir im Hotel einchecken. Und als Konsumenten haben wir beim Besuch einer bestimmten Website spezifische Fragen und Ziele, ob es nun um Reisen, Geldanlage, Kleidung oder unser Bankkonto geht. Solange wir verlangen, was erwartet wird - statt Steuerberatung in einer Pension - können diese Sites Technologien entwickeln, die dank ihres domainspezifischen Verständnisses sehr fortschrittlich wirken.

Domänen erforschen

Was immer man für eine Information oder Transaktion braucht, können uns Suchmaschinen wie Google zu fast jeder relevanten Webseite führen. Aber dort angelangt, findet man eine eng begrenzte Applikation, die uns eine Auswahl aus einem engen Angebot erlaubt und sehr spezifische Aufgaben ausführt, wie ein Buch zu kaufen und Zahlungs- und Lieferart zu bestimmen: Das nennt man domainspezifisch.

Wenn man eine allgemeine Site wie Google zu Steuererklärungen befragt, bekommt man zwar einen Haufen Information, aber wahrscheinlich nichts über sein eigenes Steuerproblem wie Abschreibungen für Zahnbehandlungen. Wenn man es mit Amazon probiert, kann man Bücher über Steuern kaufen. Aber sprechen Sie mit einer dieser Sites über Ihr spezielles Steuerproblem: Sie werden es nicht kapieren.

Man muss sich also jeweils zwischen dem Spezifischen und dem Allgemeinen entscheiden. Aber einige Silicon-Valley-Firmen versuchen den Gegensatz aufzuheben, damit Websites mit Usern einen Dialog führen können - mithilfe von Menüs oder sogar in den eigenen Worten der Benutzer, um die spezifischen Bedürfnisse innerhalb breit gesteckter Möglichkeiten zu erkennen.

Benutzerfreundlich

Dejima aus San José in Kalifornien hat Dejima Direct entwickelt, damit Kunden Informationen verlangen und Aufgaben ausführen können, indem sie ihre eigenen Worte verwenden oder aus intuitiv angeordneten Menüs auswählen. Dejima hat sich vor kurzem mit Salesforce.com zusammengetan, um ein Interface für die Automatisierung des Verkaufsprozesses zu entwickeln. Dieses Interface ist so simpel, dass es über ein Handy benutzt werden kann: Für vernünftige Ergebnisse muss nur ganz wenig Text eingetippt werden.

Zum Beispiel könnte die Verkäuferin Alice "heutige Termine" eintippen, um eine Liste ihrer Termine (mit Adressen und Telefon) am Nachmittag zu erhalten. Oder sie kann "Status Cisco" eingeben, um den aktuellen Status eines Kunden abzufragen, den sie anrufen möchte, während sie gerade wartet.

Mindfabric ist stärker auf Kundenanwendungen fokussiert. Wenn etwa Edna wissen will, warum ihr Kontostand nicht den von der Bank versprochenen Zinsen entspricht, spricht sie mit oder schreibt einem "Machine-Agent", der die Applikation versteht und darum ihre Frage interpretieren kann: "Mein Kontostand zeigt nicht an, dass sie mir dieses Monat Zinsen gutgeschrieben haben. Warum nicht?" Gut trainiert, könnte der Machine-Agent antworten, "Wir berücksichtigen bei Onlineanfragen die gesammelten Zinsgutschriften immer erst am Ende der Verrechnungsperiode. Ihre Zinsen werden darum auf Ihrem Auszug am 31. März ausgewiesen."

"Soft"-Versagen

Aber wenn Alice die Salesforce-Anwendung bittet, ihr ein Hotel zu empfehlen, oder fragt, ob sie ihr Mittagessen von der Steuer absetzen kann, könnte die Software nicht nur nicht antworten - sie würde nicht einmal die Frage verstehen. Das führt uns zur letzten Leistung dieser Systeme: Sie versagen "soft". Wenn sie die Frage eines Benutzers nicht beantworten können, leiten sie die Antwort des Users an einen menschlichen Entwickler weiter, der entweder die Funktionen erweitern kann oder die Software so redigiert, dass sie dem User klar machen kann: "Wir können keine Steuerfragen lösen."

Mit großer Wahrscheinlichkeit werden sich solche Systeme durchsetzen - sowohl um Supportkosten zu senken als auch um Benutzern verlässlicher und effizienter dienen zu können. Dem Feedback der User wird eine größere Bedeutung bei der Entwicklung neuer Versionen zukommen.

Wenn viele Leute ähnliche Fragen stellen - zum Beispiel über ihren Kontostand - könnte eine Bank entscheiden, dass diese Information automatisch angeboten wird, statt erst abgefragt werden zu müssen. Solche Software automatisiert nicht nur den jeweiligen Service, sondern auch die Kundenreaktion darauf: Wie oft haben sie schon bei einer Beschwerde von einem Verkäufer gehört, "Bitte sagen Sie das der Geschäftsführung, auf mich hören Sie nicht!"

Diese neuen Entwickler werden tatsächlich Reaktionen einsammeln, als Teil des Programmdesigns. Und wenn wir Glück haben, hören sie auch darauf. (Der Standard, Printausgabe, 27.03.2004)