Wer hätte gedacht, dass das persönliche Schicksal des padanischen Rabauken Umberto Bossi einmal dem Jammerbild, das ganz Italien derzeit abgibt, einen Namen geben könnte? Das Land liegt wie der Teilzeitseparatist aus dem Norden im Koma. Von den vollmundigen Versprechen der Regierung Berlusconi aus dem Frühsommer 2001 ist nichts geblieben außer unbewältigten Problemen.

Statt eines Wirtschaftsaufschwungs müssen die Italiener Wachstumsraten im Zehntelprozentbereich verzeichnen. Die Beschäftigung ist flau, die Industrieproduktion stagniert. In schöner Regelmäßigkeit wird gegen die geplante Pensionsreform - im Übrigen das einzige substanzielle Projekt der rechtskonservativen Regierung - generalgestreikt. Inzwischen hat Unternehmerpremier Silvio Berlusconi selbst die Wirtschaftsverbände gegen sich aufgebracht. Der glänzende Marketinglack des Centrodestra ist trotz des täglich aufs Neue sprühenden Optimismus des Regierungschefs ab.

Die Diagnose muss Sorgen machen - und alle warten. Warten, bis irgendwer das Land aus dem Tiefschlaf holt. Oder es erneut eine politische Krise gibt, die demokratische Selbstheilungskräfte freisetzt. Die Termine dafür könnten bereits gesetzt sein: Im Juni wird in Sardinien ein neues Regionalparlament gewählt. Der Gründer des Internetkonzerns Tiscali, Renato Soru, wird die Region - wie im Herbst der Kaffeeindustrielle Riccardo Illy Friaul - allen Umfragen nach für den Ulivo gewinnen. Gute Karten hat die eigentlich schwachbrüstige Linke auch für die Europawahlen. Eine Denkzettelwahl für Berlusconi liegt in der Luft. Dass der am Wochenende angekündigt hat, noch zehn Jahre in Rom regieren zu wollen, mag vielleicht erst recht helfen, das komatöse Vegetieren Italiens zu beenden. (DER STANDARD, Printausgabe, 29.3.2004)