Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: Reuters/Rossi
Sonthofen/Wien - Der 59-jährige Büroleiter hat schon lange etwas schlechter gehört. Eines Morgens hat er ein ungenehmes Klingeln in den Ohren. Der Arzt diagnostiziert "Tinnitus". Der Patient lässt sich vorzeitig pensionieren, prompt bessert sich das Klingeln. Ein typisches Fallbeispiel.

Unter Stress tritt Tinnitus gerne auf. In Österreich gibt es jüngsten Schätzungen zufolge bis zu einer Million Betroffene, etwa 100.000 leiden so stark darunter, dass es ihre Lebensqualität beeinträchtigt. Der Arzt findet bei vielen keinen wesentlichen Befund, oder die ursprüngliche Ohrenerkrankung ist längst ausgeheilt. Die medizinischen Therapiemöglichkeiten sind beschränkt. Wie sich nun zeigt, scheint aber Psychotherapie großen Erfolg zu haben, insbesondere das Konzept der "Tinnitus-Retraining-Therapie".

Akzeptanz im Vordergrund

"Die Akzeptanz des Geräusches und die Angstbekämpfung stehen im Vordergrund", erklärt Wolfgang Hausotter. Laut dem deutschen Neurologen und Psychiater hätten viele Patienten Angst vor einer schweren Krankheit oder davor, sie könnten taub oder verrückt werden. Mit dem Retraining wolle man dem Patienten vermitteln, dass nicht das Geräusch, sondern seine Bewertung das Hauptproblem sei. Nach einer erfolgreichen Therapie schaffe es der Patient, das Ohrgeräusch als ein zwar störendes, aber irrelevantes Randphänomen in den Hintergrund zu drängen.

Verschiedene Hilfsmittel erleichtern diese Arbeit. So genannte Noiser (kleine Geräte hinter dem Ohr) produzieren ein Geräusch, das etwas leiser als der jeweilige Tinnitus ist. So soll das Gehirn so weit zurücktrainiert werden (Retraining), dass der Betroffene das Ohrgeräusch nicht mehr so stark oder gar nicht mehr wahrnimmt. (stmü/DER STANDARD, Printausgabe, 31.3.2004)