... trauert zusätzlich um ihren Kräuterpfarrer. Beide Kirchenmänner haben der Nachwelt Vermächtnisse von großer Nachhaltigkeit, wenn auch von unterschiedlicher Bedeutung hinterlassen: Franz König den Auftrag zum Dialog, Hermann-Josef Weidinger die Ermahnung Hing'schaut und g'sund g'lebt.

An beiden Särgen ist die "Krone" der Berichtspflicht perfekt nachgekommen. Von ihrem Beiträger konnte sie schon am zweiten Tag nach seinem Hinscheiden vermelden: Seine Seele ist im Himmel. Das war gut recherchiert und von einer redaktionellen Heilsgewissheit, die man in dieser Klarheit den Berichten über die Exequien des Kardinals nicht entnehmen konnte. Sicher deshalb, weil sich das Blatt für die Seele eines Kardinals gar keinen anderen Ort vorstellen kann.

Auf der Leserbriefseite brach sich die Volksfrömmigkeit, die das Blatt in regelmäßiger Hingabe pflegt, rasch Bahn. Als hätte sich der Hl. Geist auf ihnen niedergelassen, begannen Leser in poetischen Zungen zu reden. Somit ist uns allen bewusst:/ Sein Heimgang ist für uns ein Verlust,/ und auch die "Krone" wird ihn vermissen/ mit seinem überragenden Wissen!/ Und nun ging er leise und still von uns fort,/ verstummt ist jetzt für immer sein Wort,/ was die "Krone" und ihre Leser beklagen -/ und wir können ihm nur mehr DANKE sagen.

Diese Leserin hat den Kräuterpfarrer unterschätzt. Denn einen Tag später meldete die "Krone": Kurz vor seinem Tode war er noch bei uns in der Redaktion und hat gesagt, dass er noch ein paar hundert "Kräutervorschläge" für uns hat. Diese werden wir als sein Vermächtnis genauso täglich weiter bringen wie bisher.

Für die Kolumnisten Wiens stellt dieses Vermächtnis keine kleine Belastung dar, könnten sie doch nun von ihren Herausgebern aufgefordert werden, im Falle ihres Todes oder gar eines Pensionsantritts die imitatio Weidingers anzutreten.

Immerhin ist dabei zu bedenken: Hätte Staberl bei seinem etwas überstürzten Ausscheiden aus der "Krone" noch ein paar hundert seiner Kräutervorschläge gehabt, bis heute wären der Nachwelt Günther Nennings Salbadereien erspart geblieben.

Es sprach einst Pfarrer Weidinger:/"Ich bin auf Erden hier kein Heiliger", erinnerte sich ein anderer reimbemühter Leser. Na ja, jetzt ist seine Seele im Himmel. Und vielleicht schreiben Marga Swoboda und Maggie Entenfellner schon fleißig vor. Leider gibt es noch immer Anhänger jener ol' time religion, für die das zweite Vaticanum nicht das beste Viaticum in den Himmel ist. So mäkelte ein Robert Prantner unter der Überschrift Der Tod des "roten Kardinals" in "Zur Zeit": Kardinal König war in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu höchster kirchlicher Verantwortung emporgestiegen. Ein halbes Säkulum, in dem es soziologisch betrachtet mit der römisch-katholischen Kirche im deutschen Sprachraum abwärts gegangen war. . . Auch die Kirche von Wien musste unter der dialogischen Regentschaft des nicht immer eingreifenden Kardinals empfindlich Federn lassen. Die Gottesdienste wandelten sich zu Friedensliebe-Busseleien, waren entleert, der Religionsunterricht in den meisten Schulen nahezu aller deutschsprachigen Diözesen entwickelte sich zu einer Schmalspur-Religionsgeschichte . . . Die "Pastoral-Seelsorge" in der Erzdiözese Wien kuschelte uferlos dahin, Glaube, Liturgie, Lehrtätigkeit im Religionsunterricht wurden zerstört, zumindest verfälscht und abgebaut zu einer "Selbstbedienungs-Auswahl-Religiosität." Dies irae.

Und Prantner lässt keinen Zweifel, wen er mehr schätzt: Der verleumdete, geschändete, als unblutiger Märtyrer zu bezeichnende Kardinalerzbischof Hans Hermann Groer lebte genau diese von Kardinal Schönborn zitierte, der deutschen Wesensart konformen Frömmigkeit des einfachen, normalen Menschen . . .

Hilflos musste der "Krone"-Chef noch einem dritten Hinscheiden zusehen. Drei Jahre lang ist der "U-Express" als Gratiszeitung in Wien erschienen. Nun ist er im Zeitungshimmel. Die Inserate stiegen und versprachen Gewinne. Aber gegen die WAZ hätte nicht einmal Hermann-Josef Weidinger ein Kräutlein gewusst. Klarerweise protestierte ich als Miteigentümer gegen die geplante Einstellung, die gegen meine Stimme erfolgte. Wir hatten ein kleines, aber gutes Team. Fast alle werden ihren Job verlieren. Da fragt Hans Dichand entrüstet: Keine Manieren? Man stellte den "U-Express" ein, ohne dass ich Gelegenheit hatte, mich von den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zu verabschieden. Gelten für große Konzerne nur noch Profite?

Wenn Cato Manieren hätte - an Profiten fehlt 's ja nicht -, müsste keiner aus dem Team scheiden. Wie schrieb neulich der Kräuterpfarrer? Habgier und Geiz: Diese Laster lassen den einzelnen Menschen in seiner Persönlichkeit verkümmern. Wär' doch ewig schad'. Übrigens: Wer hat denn einst die WAZ gerufen? (DER STANDARD, Printausgabe, 2.4.2004)