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Der Maut-ablehnenden Wirtschaft will Gorbach ins "Stammbuch schreiben", dass in manchen Tiroler Gegenden aufgrund der hohen Schadstoffbelastung keine neuen Betriebsansiedelungen mehr möglich seien.

Foto: APA/Pfarrhofer
Wien – Gehörig durcheinander geraten ist die politische Farbenlehre durch den Vorstoß von Vizekanzler und Verkehrsminister Hubert Gorbach (FP), auch auf Bundesstraßen Maut für Schwerfahrzeuge einzuheben. Während die Grünen den blauen Minister unterstützen, stellt sich der "rote" Autofahrerklub Arbö an die Seite der schwarzen Wirtschaftskammer, die die Idee empört ablehnt.

Im Standard-Gespräch verteidigte Gorbach am Freitag energisch seine Linie. Auf die Frage, ob seine Vorgänger das Transitproblem zu halbherzig behandelt hätten, antwortete er: "Absolut. Deswegen haben wir heute irren Nachholbedarf." Schon 1999 habe die Weltgesundheitsorganisation WHO davor gewarnt, dass in Österreich durch Verkehrsabgase jährlich 2400 Todesfälle verursacht würden.

Keine neuen Betriebsansiedelungen

Der Maut-ablehnenden Wirtschaft will Gorbach ins "Stammbuch schreiben", dass in manchen Tiroler Gegenden aufgrund der hohen Schadstoffbelastung keine neuen Betriebsansiedelungen mehr möglich seien. Die Maut- Mehreinnahmen will Gorbach, wie alle Mautgewinne, zu 100 Prozent in die In-‑ frastruktur fließen lassen: "Lärmschutz, Tunnelausbau, schnellere Baustellenabwicklung und Section-Control".

Ob und in welcher Form die Bundesländer, die ja seit 2002 für die Bundesstraßen zuständig sind, am Gewinn beteiligt werden, sei im möglichst baldigen Bundesländergipfel abzuklären. Zumindest in Oberösterreich gibt es da nicht viel zu klären: "Es ist ganz klar, dass alle Einnahmen dem Straßenerhalter (also den Ländern, Anm.) zustehen" stellt Landesrat Franz Hiesl (VP) fest. Eine neue Mautdiskussion hält Hiesl generell für unnötig, regionale Einschränkungen für den Lkw-Verkehr seien zielführender.

Ausdehnung der Lkw-Maut rechtlich möglich

Gorbach ist der Meinung, dass eine Ausdehnung der Lkw-Maut laut EU-Recht möglich sei. Gegenteilige Meinungen, wie die von Verkehrsstaatssekretär Helmut Kukac^ka (VP), seien "von Unkenntnis geprägt". In der EU-Wegekostenrichtlinie sei ausdrücklich vorgesehen, dass eine Bemautung auch auf "normalen" Straßen aus Sicherheitsgründen möglich sei. Gorbach: "Wenn Lkw auf Nebenstraßen ausweichen, haben wir dort einen extrem gefährlichen Mischverkehr. Schon jetzt sind Lkw an 15 Prozent aller tödlichen Unfälle beteiligt."

Die Wirtschaft warnt hingegen vor einer Konkurswelle. "Die Einführung einer flächendeckenden Maut hat in der Schweiz fast ein Drittel der örtlichen Transportbetriebe um die Existenz gebracht", behauptet Wirtschaftskammer- Funktionär Reinhold Mitterlehner auf Standard -Anfrage. Die Bemautung einzelner Straßen würde vor allem kleinere lokale Frächter, die die Maut nicht abwälzen können, gefährden. Lkw-Fahrverbote, um die Mautflucht zu verringern, sind dagegen auch für Mitterlehner vorstellbar. (Michael Möseneder, Michael Simoner, Der Standard, Printausgabe, 10.04.2004)