Es gäbe, meint Özgü Güngor, einen großen Unterschied: Im Gegensatz zu Disney World oder dem Nachbau von Venedig in Las Vegas "sind unsere Anlagen nicht kitschig". Und, so der Director of Touroperating beim Newcomer am heimischen Türkei-Reisemarkt, Bentour International Österreich: "Zu uns kommen die Gäste nicht wegen der Architektur, sondern wegen des besonderen Service."

Denn "all inclusive" bieten mittlerweile etliche Veranstalter an - Bentour aber lockt darüber hinaus mit Nachbauten weltweit bekannter Sehenswürdigkeiten an die Strände von Antalya: Den Kreml und Istanbuls Topkapi habe man "detailgetreu" nachgebaut, schwärmt Güngor. Das liege im Trend - und habe der raschen Markenbildung des Unternehmens sehr geholfen. Aber mit Kitsch, heißt es, habe das alles nichts zu tun: "Bei uns hüpft keine Mickymaus herum."

Weißes Haus

Doch weder auf Wladimir-Putin-Lookalikes am Pool noch auf George-Bush-Doppelgänger, versichert Güngor, würden seine Gäste in Zukunft stoßen: Neben dem 2003 eröffneten Resort-Hotel "Kremlin Palace" soll schon bald das Weiße Haus stehen. Als monumentales Golfhotel inmitten eines rund um die Uhr bespielbaren Golfplatzes. Vorher werde noch ein Vergnügungspark errichtet. Im Look der sieben Weltwunder. Ganz kitschfrei.

Derlei Mega-Resorts "sind eine zweite Wirklichkeit, gereinigt von Schmutz, Problemen und Langeweile", meint dazu die Kulturtheoretikerin Gerda E. Moser von der Universität Klagenfurt. Sie beschäftigt sich mit Inszenierungskonzepten - etwa den Hotels in Las Vegas. An ihnen ließen sich Mechanismen und Werte der Vergnügungs- und Popularkultur effektiv studieren: "In den USA sind das Enklaven der Sicherheit, in Europa Zonen des ,all inclusive'."

Kultur der Touristen

Die boomenden Mega-Resorts würden sich in ihrem Angebot nicht nach einem Land und seiner Kultur richten, sondern nach der Kultur der Touristen, die das Resort buchen, konstatiert Moser. So gesehen sei der Nachbau des Kremls in der Türkei geradezu "logisch": Moser spricht gar von einem "Russenhype".

Der Manager will das Thema deshalb auch weiter forcieren, betont aber: "Langfristig besteht man nur mit Qualität." Nur damit seien die längst "all inclusive"-geeichten Gäste zu halten.

Dass es ohne aufwändig inszeniertes Getöse nicht mehr geht, beweisen aber nicht bloß die vom türkischen Mischkonzern MNG an die Mittelmeerküste gestellten Nachbauten von Palästen aus aller Welt: Das Tiroler Sölden etwa wird am 16. April - zum fünften Mal - mit der monumentalen Alpininszenierung "Hannibal" auftrumpfen. 500 Akteure, eine Armada an Pistenraupen und ein hollywoodeskes Arsenal an Licht- und anderen Spezialeffekten bietet Regisseur Hubert Lepka auf, um den Weg des punischen Eroberers über die Alpen opulent in Szene zu setzen.

"Von Mitbewerbern abheben"

"Wir wollen uns damit von unseren Mitbewerbern abheben", erklärt Peter Marko, Geschäftsführer des Söldener Tourismusverbandes: Schnee und Berge hätten viele - und während sich etwa Ischgl als Party-Location positioniert hat, wolle man "Kultur, wie sie anderswo nicht möglich wäre" bieten. "Hannibal" koste eine Million Euro, der Benefit - der Image- und Bekanntheitswert - übersteige die Kosten aber "bei weitem".

Derartige Assets, erklärt Andreas Zenker, Sprecher des Österreichischen Verkehrsbüros, werden tatsächlich wichtiger. Man müssen sich abheben - im Sommer wie im Winter. Freilich, so Zenker, sei der Gag ohne das Gewohnte (Sonne und Strand oder Schnee und Berge) nicht zu empfehlen: "Reine Themenparks - etwa Ritterburgen oder zuletzt Westernstädte - haben in Österreich nicht durchgehalten." (Thomas Rottenberg, Andrea Waldbrunner, Der Standard, Printausgabe, 13.04.2004)