Wien - Hayao Miyazaki zum Beispiel sollte man kennen: Der japanische Veteran in Sachen Anime wird nicht nur vom kreativen Pixar-Kopf John Lasseter (Toy Story, Finding Nemo) gerne als Vorbild genannt. Mindestens seit Miyazakis eigenwilliges Zivilisationskritikmärchen Chihiros Reise ins Zauberland, in Japan einer der erfolgreichsten Filme aller Zeiten, einen Goldenen Bären und 2003 einen Oscar erhielt, hat er sich auch im Westen etabliert.

Die Auszeichnungen sind nur ein Indiz dafür, dass das Interesse an japanischen Filmen in den letzten Jahren weltweit beträchtlich gestiegen ist. Jüngster Effekt: Nach dem erfolgreichen Remake des japanischen Mystery-Horrorthrillers Ringu von Hideo Nakata - als The Ring von Gore Verbinski 2002 neu verfilmt - stehen in Hollywood derzeit gleich mehrere entsprechende Adaptionen an.

Japans eigene Filmindustrie kann derweil für 2003 Rekordergebnisse an den Kinokassen verbuchen, die Einnahmen aus heimischen Produktionen stiegen gegenüber 2002 um 26 Prozent. Nach dem Zusammenbruch der alten Studiostrukturen seit Beginn der 70er-Jahre ist seit Anfang der 90er ein neuer Aufschwung spürbar. Und Mavericks wie der Vielarbeiter Takashi Miike (Audition) prägen mittlerweile, zumal im Ausland, das Bild des japanischen Kinos als experimentierfreudig, wendig und extrem vielfältig.

Aufbau Fernost

Diese zunehmend differenziertere Wahrnehmung ist nicht zuletzt der Aufbauarbeit von Festivals und unabhängigen Verleihern geschuldet. Stephan Holl vom Kölner Verleih RapidEyeMovies etwa sieht seinerseits gerade bei japanischen Independents großes Interesse an einer Kinoauswertung außerhalb des Landes und verweist auf die neu erwachte Aktivität westlicher Majors, die das Marktpotenzial für Filme aus Fernost lange gering schätzten.

Der wohl bekannteste Exportschlager auf dem Kinosektor heißt nach wie vor Takeshi Kitano. Zu Hause war das Multitalent bisher allerdings mehr als Komiker und TV-Entertainer erfolgreich - erst mit seinem jüngsten, bereits elften Film, Zatoichi, hat der Regisseur nun auch in Japan an den Kinokassen abgeräumt.

Zatoichi, der von den Abenteuern eines blinden Schwertkämpfers erzählt, nimmt außerdem formale Anleihen bei einem anderen einträglichen Bereich der japanischen Unterhaltungsindustrie, der auch hierzulande längst Fuß gefasst hat: Über zwei Milliarden Mangas, also Comics, werden (als Magazine oder Bücher) jährlich verkauft. Rund ein Drittel aller Druckerzeugnisse entfällt in Japan auf Mangas - ein großer Vorrat also für künftigen Popkulturtransfer aus Fernost. (DER STANDARD, Printausgabe, 14.4.2004)