La Paz - Im Streit um die Verwendung von Gasvorkommen in Bolivien hat Präsident Carlos Mesa die Regierung umgebildet. Nach dem kollektiven Rücktritt der 15 Minister ernannte Mesa am Dienstag (Ortszeit) ein neues Kabinett. Gleichzeitig kündigte er ein Referendum über die Gasexporte an. Die Debatte über die Ausfuhr von Erdgas sorgt seit Monaten für eine politische Krise in dem Andenstaat. Gewaltsame Proteste, bei denen 80 Menschen getötet wurden, hatten Präsident Sánchez de Lozada im Herbst zum Rücktritt gezwungen.

Insgesamt berief Mesa drei neue Minister, berichtete die heimische Nachrichtenagentur Bolpress. Wichtigste Änderung ist die Entlassung des Energieministers Antonio Arabinar, dessen Amt nun Xavier Nogales übernimmt. Arabinar hatte die Ausfuhr von Gas befürwortet. Nogales ist bereits der dritte neue Minister auf diesem Posten binnen eines halben Jahres. Neuer Wirtschaftsminister wurde Horst Grebe López. Das Amt für Indio-Angelegenheiten übernahm der Kabinettsneuling Ricardo Calla Ortega. Beide sind frühere Marxisten. Die meisten anderen Minister wurden vom Präsidenten in ihren Ämtern bestätigt.

Kein Datum genannt

In dem angekündigten Referendum sollen die Bürger über die Verwendung der Erdgasvorkommen abstimmen. Ein Datum für die Volksbefragung nannte der Präsident jedoch nicht. Mesa betonte, Bolivien müsse mindestens 50 Prozent der Gewinne aus der Vermarktung des Erdgases erhalten.

Mesa, der im vergangenen Oktober die Nachfolge des durch einen Volksaufstand gestürzten Lozada angetreten hatte, steht bei seinen Landsleuten zunehmend in der Kritik, weil er entgegen seinem Versprechen das umstrittene Gesetz zur Verwendung der Rohstoffe nicht außer Kraft gesetzt hat. Das Gesetz erlaubt den Verkauf von Erdgas ins Ausland, worin insbesondere die verarmte bolivianische Bevölkerung einen Ausverkauf der heimischen Rohstoffvorräte sieht.

"Nicht ein Molekül"

Per Dekret erlaubte Mesa am Dienstag die Ausfuhr von Gas ins Nachbarland Argentinien während des Winters auf der Südhalbkugel für maximal sechs Monate. Bedingung sei jedoch, dass "nicht ein Molekül" des gelieferten Gases ins verfeindete Chile weiterverkauft werde. Die Gewerkschaften riefen dazu auf, am Donnerstag gegen den geplanten Export zu protestieren. 17 Menschen begannen am Dienstag bereits mit einem Hungerstreik in La Paz.

Bolivien hatte 1879 in einem Krieg seinen Zugang zum Meer an Chile verloren. Auslöser für den Aufstand im vergangenen Jahr war der Plan des damaligen Präsidenten gewesen, Erdgas über eine Pipeline durch Chile in die USA zu exportieren. Bolivien ist das ärmste südamerikanische Land.

Das Thema der Erdgasexporte hatte im vergangenen Oktober in Bolivien zu wochenlangen Protesten mit mehr als 80 Toten und zum Sturz von Präsident Sánchez de Lozada geführt. Die Gewerkschaften und andere Gruppen hatten der Regierung vorgeworfen, sie habe das Erdgas ausländischen Konzernen zu billig überlassen. Bolivien leidet unter einer schweren Wirtschafts- und Sozialkrise. (APA/dpa)