Während Maria Vassilakou am Handy abhebt, hört man sie im Hintergrund noch Griechisch sprudeln. "Ich hatte noch gar keine Zeit, meine Eltern zu informieren", sagt sie der Anruferin entschuldigend: Mama und Papa daheim in Athen zu erzählen, dass sie - aller Voraussicht nach - die Wiener Grünen 2006 als Spitzenkandidatin in die Gemeinderatswahlen führen wird.

Der jetzige Grünen-Chef Christoph Chorherr engagiert sich mehr auf Bundesebene, der "Mary", so wird sie von FreundInnen genannt, attestiert er die nötige Leidenschaft für die Arbeit an der Parteispitze. Ob die Landesgremien das auch so sehen, entscheiden diese im Juni. Gut möglich, dass mit der Doppelstaatsbürgerin auch im Bund einmal zu rechnen ist. Jüngst wurde sie als Bundespräsidentschaftskandidatin kolportiert.

Nicht nur Leidenschaft für die Politik brennt in der Exfunktionärin der Österreichischen Hochschülerschaft, man kennt auch ihren Ehrgeiz. Vassilakou ist hartnäckig im Unterbringen ihrer Themen in der Zeitung, auch wenn sie ab und an im Engagement für Menschen, denen das Schicksal und Behörden übel mitgespielt haben, ein bisserl übers Ziel hinausschießt. So manche Journalisten klappen die Ohren zu, wenn "Mary mit Betroffenheitsgeschichten" kommt.

Egal, die nicht amtsführende Stadträtin in der Wiener Landesregierung weiß sich charmant zu präsentieren und geht - alle politisch Tätigen behaupten das ja - tatsächlich auf Menschen zu. Diesem Umstand verdankt sie ihren zweiten Spitznamen: "Frau Maria". Frau Maria ist ständig in der Wiener MigrantInnenen-Szene unterwegs - "ich glaube, die wissen meinen Namen gar nicht, aber sie kommen mit allem zu mir", erzählt sie im Kent, dem türkischen Lokal in Wien-Ottakring.

1969 in Griechenland geboren und zum Dolmetsch-und später Linguistikstudium nach Wien gekommen, hat sie die Schattenseiten des AusländerInnen-Daseins kennen gelernt. In einem Buchaufsatz (Heimat Babylon) umriss sie kürzlich ihr Verständnis vom Zusammenleben: "Multikulturalität muss man weder wollen noch befürworten - man muss sie bloß zur Kenntnis nehmen."

Das Thema Migration bleibt bei der Bald-Grünen-Chefin zuoberst auf der Agenda. Sie gedenkt aber im Falle ihrer Nominierung ihr Profil und jenes der Grünen zu erweitern. Sicherheitspolitik ("mehr Polizisten für Wien") und Wirtschaftspolitik ("die Grünen müssen sich der Neuen Selbstständigen annehmen") gehören dazu.

Privat arbeiten Vassilakou und ihr Mann Bernd - er ist PR-Berater und beide sind Motorradfreaks - an einem Langzeitprojekt. Sie schaffen sich auf Euböa "ein kleines Ferienhaus für uns und Freunde". Dort wird sie die geliebten Romane lesen, in denen die Frauen Heldenhaftes vollbringen. (DER STANDARD, Printausgabe 15.04.2004)