Mit 1,93 Milliarden Dollar haben Anleger heuer international bis zum 7. April so viel Kapital in Osteuropafonds gepumpt wie nie zuvor.

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Wien - Osteuropa war schon in den vergangenen drei Jahren eines der großen Investmentthemen. Doch mit 1,93 Milliarden Dollar haben Anleger heuer international bis zum 7. April so viel Kapital in Osteuropafonds gepumpt wie nie zuvor. Das übersteigt den bisherigen Spitzenwert mit 1,54 Milliarden Dollar im Jahr 1997, analysiert das Research-Unternehmen EmergingPort- folio.com.

Der Aktienindex von Morgan Stanley, der mit Russland, Polen, der Tschechischen Republik und Ungarn die größten Volkswirtschaften Osteuropas umfasst, ist heuer um rund 33 Prozent gestiegen - das ist neunmal mehr als der weltweite Aktienindex von Morgan Stanley. Unternehmen wie die OTP Bank, Gazprom und Yukos Oil führen die Liste der Kursgewinner an.

"Diese Volkswirtschaften sind 2003 am schnellsten gewachsen - das wird auch heuer wieder so sein", sagt Ai- varas Abromavicius, der bei Capital Asset Management in Stockholm einen Fonds mit 800 Mio. Dollar Anlagekapital in osteuropäischen Aktien verwaltet. Das Wachstum Russlands hänge an den Ölpreisen, sagt er, und da der Preis für ein Fass Rohöl mit über 31 Dollar derzeit höher ist als im Durchschnitt der vergangenen 13 Jahre, sollte das den Gewinnen der russischen Ölfirmen helfen.

"Die Investoren wachen international langsam auf", sagt Gerd Kirsten, Osteuropa-Fondsmanager bei Deka in Frankfurt. Die Börsenindizes in Russland, Ungarn und Polen verzeichnen heuer Höchststände. Rund 39 Prozent des Anlagekapitals der Osteuropafonds fließen derzeit nach Russland, 18 Prozent werden in Polen, 15 Prozent in Ungarn und elf Prozent in Tschechien angelegt. Der Rest verteilt sich auf die Baltischen Staaten und die Türkei.

Es wird enger

Dass heuer keine Woche ohne große Nettokapitalzuflüsse in Osteuropafonds vergangenen ist, macht allerdings einige Fondsmanager skeptisch. Jürgen Kirsch, Manager des Griffin-Eastern-European-Fonds, etwa hat zwar sämtliche Bewerbung seines Produktes gestoppt, dennoch ist das Fondsvolumen von 213 auf 629 Mio. Euro in den vergangenen zwölf Monaten angewachsen. "In den kommenden drei bis vier Jahren besteht in der Region noch Gewinnpotenzial, kurzfristig kann man eine Korrektur aber nicht ausschließen." Für Fondsmanager werde der Job zunehmend schwieriger.

Christian Schreckeis vom heimischen Finanzdienstleister e-fundresearch berichtet aus seinen Branchenrecherchen, dass sich die Ostfondsmanager mehr neue Börsenkandidaten wünschen. Die stark gestiegene Liquidität führt er zuletzt vor allem auf Investoren aus den USA zurück: "Viele US-Investoren haben zuvor auf asiatische Emerging Markets gesetzt und verschieben ihren Fokus jetzt auf Osteuropa."

Warnsignale

Für Günter Faschang, der bei Vontobel Asset Management in Wien 190 Mio. Euro verwaltet, sind das alles Zeichen, die zur Vorsicht mahnen. "Wenn der Kapitalzufluss so dramatisch zunimmt, dann ist das ein Warnsignal." Er hat seinen Cash-Bestand von zwölf auf 15 Prozent - den höchsten Stand seit drei Jahren - erhöht, weil er die Aktienkurse vielfach bereits als "ausgereizt" sieht. (Bloomberg, kbau, Der Standard, Printausgabe, 19.04.2004)