Basel/Paris - Nach wochenlangem Zögern ist der Schweizer Pharmakonzern Novartis in den Übernahmekampf um seinen deutsch-französischen Konkurrenten Aventis eingetreten. Das Basler Unternehmen kündigte am Donnerstag "Verhandlungen über die Bedingungen eines potenziellen geschäftlichen Zusammenschlusses" beider Firmen an. Novartis-Chef Daniel Vasella traf mit Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) zusammen. Sowohl Novartis als auch der Pariser Pharmakonzern Sanofi-Synthelabo, der Aventis ein feindliches Übernahmeangebot unterbreitet hat, legten gute Quartalszahlen vor. Die Aktienkurse von Aventis und Sanofi legten zu, Novartis-Aktien sanken.

"Der Verwaltungsrat von Novartis hat beschlossen, das Angebot des Aufsichtsrates von Aventis anzunehmen", erklärte Novartis bei der Vorlage der Geschäftszahlen für das erste Quartal des laufenden Jahres. "Es können keine Zusicherungen gemacht werden, ob eine Einigung erzielt werden kann." Zuvor hatte der Schweizer Konzern Verhandlungen von der Neutralität der französischen Regierung abhängig gemacht. Paris favorisierte jedoch ein Zusammengehen von Aventis mit Sanofi, zumal beide Unternehmen in Frankreich angesiedelt sind. Die Straßburger Aventis entstand 1999 aus der Fusion der Frankfurter Hoechst AG mit Rhone-Poulenc.

Keine Einzelheiten

Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums trafen Vasella und Clement am Mittwoch in Berlin zusammen. Einzelheiten wollte ein Ministeriumssprecher nicht nennen. Novartis-Finanzchef Raymond Breu zeigte sich am Donnerstag aber in einer Telefonkonferenz zuversichtlich, dass sein Unternehmen allen Bedenken Rechnung getragen habe. Ein Zusammengehen mit Aventis hätte eine "industrielle Logik" und würde Wert für die Aktionäre schaffen. Nun werde die Zeit zeigen, ob der Übernahmeplan Erfolg habe. Breu verwies dazu auf Kommentare von Frankreichs Präsident Jacques Chirac, Bundeskanzler Gerhard Schröder und zuletzt von EU-Kartellkommissar Mario Monti: Demnach sollten Marktkräfte den Vorrang vor nationaler Politik haben.

Aventis reagierte erfreut auf die Ankündigung von Novartis. Bisher liege allerdings noch kein konkretes Angebot vor, betonte eine Firmensprecherin in Paris. Die Gewerkschaften von Aventis in Frankreich warnten dagegen vor einem Zusammengehen, weil sie massive Arbeitsplatzverluste befürchten. Die deutlich kleinere Sanofi bietet knapp 48 Mrd. Euro für Aventis; diese Offerte hatte wiederum die Aventis-Führung aber als feindlich zurückgewiesen.

Aventis-Aktien kletterten am Donnerstag mehr als vier Prozent auf 65,35 Euro, Sanofi-Anteilsscheine gewannen bis zum Nachmittag gut 1,8 Prozent und stiegen auf 55,25 Euro. Novartis-Aktien gaben knapp 2,8 Prozent nach und fielen auf 55,75 Franken.

Gewinn-und Umsatzanstieg

Fürs erste Quartal legte Novartis Geschäftszahlen über dem Branchenschnitt vor: Der Nettogewinn stieg demnach gegenüber dem Vorjahr um 22 Prozent auf 1,293 Mrd. Dollar (1,092 Mrd. Euro), der Umsatz um 16 Prozent auf 6,64 Mrd. Dollar. Vasella sprach von einer "starken Leistung". Im Gesamtjahr 2004 setzt der Konzern auf eine Umsatzsteigerung von rund zehn Prozent. Das Betriebsergebnis soll einen neuen Rekordstand erreichen.

Bei Sanofi kletterten die Quartalsumsätze bei währungsbedingten Einbußen um 11,9 Prozent auf 2,193 Mrd. Euro. Der Jahresumsatz soll voraussichtlich um mindestens acht Prozent zulegen, der Nettogewinn um 15 Prozent - wobei ein Dollarkurs von 1,25 Dollar je Euro zu Grunde gelegt ist.(APA)