Wien - Luxemburg kann aufatmen. Durch den Beitritt des nur 316 Quadratkilometer großen Inselstaates Malta (das Bundesland Wien hat eine Fläche von 415 Quadratkilometer) ist es nicht mehr das kleinste Mitgliedsland der Europäischen Union. Die Beitrittsverhandlungen Maltas haben auch jene eines Besseren belehrt, die meinen, dass kleine Staaten ihre Interessen gegenüber der EU nicht durchzusetzen vermögen. So erkämpfte sich die Regierung in La Valetta 77 Sonderklauseln, etwa im Bereich der Vogeljagd.

Familienrecht

Auch die Innenpolitik - etwa das Ehe- und Familienrecht - ist gegen Interventionen aus Brüssel weitgehend geschützt und das semitische Idiom Maltesisch wird trotz der nur 400.000 Muttersprachler gleichberechtigte Amtssprache der Union, während das Luxemburgische und Irische weiterhin nicht in den EU-Institutionen verwendet werden dürfen. Weniger gut schnitt das nach Zypern zweitreichste aller Beitrittsländer beim jüngsten Monitoring-Bericht der EU-Kommission ab. Mit sechs Verwarnungen in den Bereichen Korruptionsbekämpfung, Lebensmittelsicherhiet, Wettbewerbsrecht, Landwirtschaft und Schifffahrt lag es schlechter als alle anderen zehn neuen EU-Mitglieder mit Ausnahme Polens.

Polarisierungen

Die Frage der EU-Mitgliedschaft hatte den Inselstaat jahrelang polarisiert. Bereits im Juli 1990 stellte die damalige Regierung unter der konservativen Nationalpartei (Partit Nazzjonalista) den Beitrittsantrag. Die linksgerichtete Arbeiterpartei, die einen EU-Beitritt Maltas mit aller Kraft verhindern wollte, legte den Antrag während ihrer Regierungszeit zwischen 1996 und 1998 auf Eis. Als die Konservativen unter Premierminister Adami wieder an die Macht kamen, wurde der Antrag "reaktiviert". Beim EU-Gipfel in Kopenhagen im Dezember wurde der Beitritt unter Dach und Fach gebracht, musste aber noch von den Bürgern Maltas gutgeheißen werden.

Showdown

Der große Showdown kam somit erst in der ersten Hälfte des Vorjahres. In einer hitzigen Referendumskampagne warnte die Opposition vor einem Ausverkauf des Landes und befürchtete sogar eine erneute "Kolonialisierung" Maltas, sollte es EU-Mitglied werden. Bei der Abstimmung am 8. März schenkten dann aber 54 Prozent der Bürger den Argumenten von Regierungschef Adami, der mittlerweile das Amt des Präsidenten inne hat, Glauben, wonach die EU-Mitgliedschaft eine "einzigartige" Chance für die Mittelmeerinsel sei. Die oppositionelle Arbeiterpartei gab sich trotzdem nicht geschlagen und funktionierte die Parlamentswahlen im April zu einem zweiten EU-Referendum um. Für den Fall eines Wahlsieges stellte sie nämlich einen Widerruf des EU-Beitritts in Aussicht. Doch Adamis Partei konnte mit 51 Prozent knapp ihre Mandatsmehrheit behalten.

Ehemalige Kolonie

Der südlich von Sizilien liegende Inselstaat, zu dem neben Malta noch die Inseln Gozo und Comino gehören, wurde 1964 von Großbritannien unabhängig, die englische Königin blieb aber noch bis zur Errichtung der Republik 1974 Staatsoberhaupt. Bis heute ist Englisch neben Maltesisch Amtssprache, Italienisch ist Umgangssprache. Die maltesische Wirtschaftsleistung ist maßgeblich vom Tourismus abhängig. 1,1 Millionen Touristen statten dem Inselstaat alljährlich einen Besuch ab, um die bis zu 7.000 Jahre alten Kulturdenkmäler zu bewundern oder im Mittelmeer zu baden. Das maltesische Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird zu 71 Prozent im Dienstleistungssektor erbracht, fast 72 Prozent der Beschäftigten arbeiten in diesem Bereich. (APA/red)