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DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp zieht die Notbremse und kehrt Japan den Reücken.

EPA/Harry Melchert
Stuttgart/Tokio - Der deutsch-amerikanische Autokonzern DaimlerChrysler steigt angesichts drohender Milliarden-Belastungen beim japanischen Autobauer Mitsubishi aus.

Konzernchef Jürgen Schrempps Vision von der "Welt AG" bekommt damit einen schweren Rückschlag. Die Börse reagierte auf die überraschende Nachricht am Freitag mit einem Kurssprung von zeitweise über acht Prozent.

Bei der hochverschuldeten Mitsubishi Motors wird ein Kapitalbedarf von mehr als zu fünf Milliarden Euro befürchtet. Aktionäre hatten die Beteiligung von 37 Prozent immer heftiger kritisiert. DaimlerChrysler war vor vier Jahren für 2,1 Milliarden Euro größter Mitsubishi-Aktionär geworden.

Nach einer Aufsichtsratssitzung hatte der Konzern in der Nacht zum Freitag überraschend mitgeteilt, dass DaimlerChrysler sich nicht an der geplanten Kapitalerhöhung beteiligen und die weitere finanzielle Unterstützung einstellen werde. Dies bedeute in der Konsequenz den Rückzug bei Mitsubishi, sagte ein Konzernsprecher.

Erfolglose Verhandlungen

Wie zu erfahren war, hatte Schrempp dem Aufsichtsrat den Rückzug vorgeschlagen, nachdem er am vergangenen Sonntag nochmals zu letztlich ergebnislosen Verhandlungen mit den anderen Mitsubishi-Aktionären in Tokio gewesen war.

Laut Finanzchef Gentz sei der Kapitalbedarf bei MMC "sehr, sehr hoch". In Medienberichten war von über fünf Milliarden Euro die Rede gewesen.

Aus DaimlerChrysler-Sicht wäre die zu erwartende Rendite nicht zufrieden stellend gewesen, begründete der Finanzvorstand am Freitag die Absage an eine Kapitalerhöhung mit DaimlerChrysler-Beteiligung. Der Konzern steht bereits durch die schleppende Sanierung bei Chrysler unter Druck.

Größter Aktionär

Der Stuttgarter Konzern ist mit 37 Prozent größter Aktionär der Mitsubishi Motors Corporation (MMC). Die anderen Aktien halten verschiedene Unternehmen des Mischkonzerns Mitsubishi Group. Die Zukunft von MMC ist zwar ungewiss, steht derzeit aber offenbar nicht auf dem Spiel.

Die Mitsubishi-Gruppe wolle innerhalb eines Monats einen neuen Sanierungsplan für MMC ausarbeiten, berichtete die Nachrichtenagentur Jiji-Press. Das Sanierungsteam werde von einem Vorstandsmitglied des Großaktionärs Mitsubishi Heavy Industries geleitet. Die Hauptversammlung am 30. April solle wie geplant stattfinden.

Nach den Worten von Finanzchef Manfred Gentz sucht DaimlerChrysler zur Zeit keinen Käufer für sein japanisches Aktienpaket. Die Entscheidung über einen Verkauf hänge davon ab, wie die anderen Aktionäre über die Zukunft von MMC entscheiden würden, sagte Gentz in einer Telefonkonferenz, an der Schrempp nicht teilnahm.

Rücktritt Schrempps kein Thema

Wie aus dem Unternehmen zu erfahren war, sei ein Rücktritt Schrempps kein Thema. Klaus Kaldemorgen, Chef des größten deutschen Aktienfonds DWS, lobte den Ausstieg. Der Vorstand sei in der Lage, Fehlentscheidungen zu korrigieren.

"Es war nicht zu spät", sagte er dem Berliner "Tagesspiegel". Kaldemorgen hatte auf der Hauptversammlung der DaimlerChrysler AG am 7. April in Berlin die Mitsubishi-Beteiligung wie auch andere Fonds-Manager scharf kritisiert.

Laufenden Pkw-Projekte werden fortgeführt

Wie ein Sprecher in Stuttgart sagte, würden alle laufenden Pkw-Projekte mit Mitsubishi fortgeführt. Sie seien mit langfristigen Verträgen abgesichert. Dazu gehört sowohl die gemeinsam betriebene Motorenfabrik in Kölleda (Thüringen) wie auch die gemeinsame Fertigung des smart forfour und des Mitsubishi Colt in der Nedcar-Fabrik im holländischen Born.

Auch die Zusammenarbeit von Mitsubishi und Chrysler bei verschiedenen Pkw-Modellen gehe weiter. Weiter laufe auch die Entwicklung der "World Engine" (Vier-Zylinder-Motoren), an der neben DaimlerChrysler und Mitsubishi auch der koreanische Autobauer Hyundai beteiligt ist. Gentz betonte, selbst wenn der japanische Autobauer illiquide werden würde, wovon er nicht ausgehe, würde der neue smart forfour weitergebaut.

Sanierung erwartet

Bisher waren alle Beobachter davon ausgegangen, dass sich DaimlerChrysler mit mehreren Milliarden Euro an der Sanierung des hochverschuldeten Autokonzerns beteiligen würde. Konzernchef Jürgen Schrempp hatte allerdings bis zuletzt betont, dass man bei Mitsubishi Motors alle Optionen prüfen werde.

DaimlerChrysler hatte im Jahr 2000 zunächst 34 Prozent an MMC für 2,1 Milliarden Euro erworben. Damit wollte Schrempp nach der Fusion mit Chrysler einen weltumspannenden Autokonzern schmieden, der auf allen großen Märkten eine wichtige Rolle spielen sollte.

Nach einem großen Pannen-Vertuschungsskandal wurde DaimlerChrysler-Manager Rolf Eckrodt 2002 Mitsubishi-Präsident. Als klar wurde, dass die ohnehin hochverschuldete MMC im Geschäftsjahr 2003/2004 (31. März) mit umgerechnet 530 Millionen Euro Verlust eine herben Rückschlag erleiden würde, schickte Schrempp ein hochkarätiges Management-Team mit smart-Chef Andreas Renschler an der Spitze nach Tokio. Renschler wurde als möglicher Eckrodt-Nachfolger gehandelt, was nun kein Thema mehr ist. (APA/dpa)