Wien - Mit der Wahl von Heinz Fischer zum Bundespräsidenten beginnt in Österreich eine Ära der "Kohabitation" - des Zusammenlebens einer Regierung mit einem Staatsoberhaupt aus dem entgegengesetzten politischen Lager. In der "alten" EU gibt es derzeit eine solche Konstellation noch in Portugal, wo der seit 1996 amtierende, ebenfalls direkt vom Volk gewählte Staatspräsident, der Sozialist Jorge Sampaio, seit dem Mehrheitswechsel bei den Parlamentswahlen vor zwei Jahren mit einer rechtsliberalen Regierung "kohabitiert".

In Österreich war dies der Fall von 1966 bis 1970, als der im Nationalrat über die absolute Mehrheit verfügenden ÖVP-Alleinregierung unter Bundeskanzler Josef Klaus der sozialistische Bundespräsident Franz Jonas in der Hofburg gegenüber saß. Als 1986 der ÖVP-Kandidat Kurt Waldheim zum Staatsoberhaupt gewählt wurde, war eine SPÖ-FPÖ-Regierung im Amt, doch beendete SPÖ-Bundeskanzler Franz Vranitzky bereits zwei Monate nach Waldheims Amtsantritt die rot-blaue Koalition, nachdem Jörg Haider die FPÖ-Führung übernommen hatte.

Der Begriff der "Kohabitation" als "Zwangsehe" an der Spitze des staatlichen Institutionengefüges stammt aus Frankreich, wo das Modell unter der (seit 1958 bestehenden) Fünften Republik bereits drei Mal zur Anwendung gekommen ist: 1986-88 und 1993-95 kohabitierte der Sozialist Francois Mitterrand mit bürgerlichen Regierungen unter Jacques Chirac bzw. Edouard Balladur; 1997-2002 musste unter umgekehrten Vorzeichen Mitterrands Nachfolger Chirac mit einer Linksregierung unter dem Sozialisten Lionel Jospin das Auskommen finden. Von allen Staatsoberhäuptern der Europäischen Union hat der französische Präsident die größten Machtbefugnisse

In den EU-Beitrittsstaaten steht eine "Kohabitation" nunmehr in der Slowakei bevor, wo der Oppositionelle Ivan Gasparovic die Präsidentenstichwahl gewonnen hat. (APA)