Zürich/Kopenhagen/London - Das Scheitern des UNO-Wiedervereinigungsplans für Zypern ist am Montag Gegenstand zahlreicher Pressekommentare:Neue Zürcher Zeitung

"Auf den ersten Blick sieht es nun in der Tat so aus, dass jene, die Nein gesagt haben, belohnt werden, während jene, die mit der Annahme des Plans auch ein Bekenntnis zur EU abgelegt haben, bestraft werden. Doch wenn die Inselgriechen nun glauben, sie seien als EU-Mitglied schon bald in einer noch stärkeren Position als zuvor, und könnten, falls es je wieder zu Gesprächen über eine Vereinigung Zyperns kommen sollte, noch mehr für sich herausschlagen, dann dürften sie sich täuschen. Einen besseren Plan wird es nicht mehr so schnell geben. Auch wird die von UNO-Soldaten überwachte Demarkationslinie auf der geteilten Mittelmeerinsel nun zu einer EU-Außengrenze werden. Das hat Folgen: Die Gefahr besteht, dass sich die Teilung verfestigt. Gemäß dem UNO-Plan hätten die Griechisch-Zyprioten zwar nur ein beschränktes Recht auf Rückkehr in den Norden und auf Erwerb ihres verlorenen Besitzes gehabt. Doch jetzt haben sie gar keine Rechte darauf. Die seit 1974 im Nordteil stationierten türkischen Truppen, in denen die Inselgriechen eine große Bedrohung sehen, werden in absehbarer Zeit auf der Insel verbleiben, und zwar in weit größerer Zahl als im UNO-Plan vorgesehen."

"Basler Zeitung"

"In Brüssel, in Washington, in London herrscht Katzenjammer wegen des Neins der Griechen. Dabei hat man sich das Dilemma ein wenig selbst zuzuschreiben. Die rüde Art, wie in den letzten Tagen aus diesen drei Hauptstädten Druck ausgeübt wurde, hätte ein Ja schon fast wie eine Kapitulation erscheinen lassen. Dieses Gefühl hatten die Griechen bei den Vereinbarungen ohnehin. Ein Staat, abhängig von Garantiemächten, abgerüstet an der Seite der hochgerüsteten Türkei - es war nicht wirklich das Modell der Schweiz, was ihnen da offeriert wurde."

"Berner Zeitung"

"Schade. Ein geeintes Zypern in einem geeinten Europa: Es hätte so gut zum 1. Mai, zum Tag der Erweiterung der Europäischen Union, gepasst. Doch das, wovon die meisten Türkisch-Zyprioten zu träumen wagten, war für die erdrückende Mehrheit der Griechisch-Zyprioten ein Albtraum. Das Nein aus dem Süden ist mit Blick auf die anstehenden Beitrittsfeierlichkeiten ein großer Wermutstropfen. Zäune und Minenfelder passen nicht ins Europa-Bild. Angst, Unsicherheit und Egoismus waren Ausschlag gebend für das massive Nein."

Tages-Anzeiger, Zürich

"Die Inselgriechen haben sich mit ihrem Votum dennoch außenpolitisch isoliert. Nicht, weil sie anders entschieden haben, als es Europa und die UNO wünschten. Sondern weil sie eine Woche vor der Aufnahme in den Kreis der Europäischen Union deutlich machten, dass sie offensichtlich nicht verstanden haben oder nicht verstehen wollen, wofür die EU eigentlich steht. (...) Sie haben die Solidarität, die sie selbst von Europa erwarten, nicht aufgebracht."

The Times

"Die überwältigende Ablehnung des UNO-Plans durch die griechischen Zyprioten ist eine Katastrophe. Die Chance, die Insel nach 30 Jahren wieder zu vereinen, ist auf Jahrzehnte hinaus verloren. Kolossale diplomatische Bemühungen waren umsonst. Zypern wird jetzt mit einem bitteren Beigeschmack der EU beitreten. Die Herausforderung besteht jetzt darin, die Auswirkungen dieser Entscheidung zu begrenzen."

"Politiken" (Kopenhagen)

"Der UNO-Plan war eine historische Chance. Aber die die griechischen Zyprioten haben sich leider dafür entschieden, diese Chance nicht zu nutzen. Auf längere Sicht werden alle Zyprioten zu Verlierern des Abstimmungsergebnisses. Zunächst entgeht der Insel das Geld eines Wiedervereinigungspakets. Und die griechischen Zyprioten haben gleichzeitig diplomatischen Goodwill verspielt."

"Kommersant" (Moskau)

"Das Scheitern des Referendums kann einen Gewinn für die zypriotischen Türken bedeuten, die zugleich ihre 'Souveränität' behalten und millionenschwere Wirtschaftshilfen erhalten. Seit 1974, als die Insel geteilt wurde, galten immer die Türken als Hauptbremser für eine Lösung des Problems. Dank des Referendums konnten sie jetzt dieses alte Stereotyp überwinden."

El Pais, Madrid "Die Ablehnung der Wiedervereinigung Zypern durch die Inselgriechen kann etwas zur Folge haben, was die Griechen sich am wenigsten gewünscht haben. Das Provisorium der Teilung Zyperns kann zu einem Dauerzustand werden, so dass die Welt sich daran gewöhnt und schließlich die 'türkische Republik' in Nordzypern anerkennt." (APA/dpa)