Luftbildaufnahme des Oberleiserberges im Nordosten Österreichs. Das offene aber doch geschützte Plateau bot Siedlern mehrerer Zeitalter attraktiven Raum für Handel & Kultur.

Foto: Luftbildarchiv, Institut für Ur- und Frühgeschichte, Wien
Wien - "Weltoffenheit und Wohlstand" muss es laut jüngsten Untersuchungen der Prähistorischen Kommission der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) im Bereich der Region Oberleiserberg im nördlichen Niederösterreich bereits vor 4.300 Jahren gegeben haben. Das analysierte Fundmaterial aus der Bronzezeit zeigt Spuren regen Handels und einer blühenden Handwerkskultur.

Stichwort Oberleiserberg

Der Oberleiserberg - eine markante Erhebung etwa 40 Kilometer nördlich von Wien - beschäftigt Historiker und Archäologen bereits seit Jahrzehnten. Während Material und Funde aus der Zeit der Völkerwanderung und der Spätantike bereits eingehend aufgearbeitet wurden, konzentrierten sich die Wissenschafter beim jüngsten, vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) geförderten Projekt auf die Bronzezeit.

Mit rund sieben Hektar wurde am Oberleiserberg eine der größten befestigten Siedlungsflächen der Bronzezeit (2300 bis 800 v. Chr.) in Zentraleuropa freigelegt. In dieser Zeit war im nördlichen Donauraum die so genannte Aunjetitz-Kultur vorherrschend, welche sich für die Archäologen vor allem durch ihre regelmäßig angeordneten Gräber mit vielfältigen Grabbeigaben auszeichnet, erklärte Michaela Lochner von der ÖAW.

Besiedelungsepochen

Die erste größere Besiedelung der Region ist für die ältere Bronzezeit (2300 bis 1600 v. Chr.) belegt. Eingehende Untersuchungen der Fundstücke ergaben, dass von den Siedlern am Oberleiserberg etwa Feuerstein aus Mähren zur Herstellung verschiedenster Geräte - Klingen oder Pfeilspitzen - verwendet wurde. Dass der Feuerstein aus dem relativ weit entfernten mährischen Raum stammt, ist für die Forscher ein Hinweis für intensiven Warenaustausch in dieser frühen Epoche.

Etwa um 1600 v. Chr. wurde die Siedlung nach einer Brandkatastrophe aufgegeben und erst um rund 1000 v. Chr. wieder aufgebaut. In dieser Zeit wurden die Toten bevorzugt verbrannt, daher spricht man auch von der so genannten Urnenfelderkultur. Bei den Ausgrabungen haben die Forscher etwa zahlreiche Gebrauchsgegenstände für die Textilherstellung gefunden, so Webgewichte und Spinnwirtel. Die Funde lassen auf ein reges handwerkliches und handelspolitisches Leben schließen. Auch Wohlstand dürfte geherrscht haben, das belegen nicht zuletzt aufwändig gestaltete, bronzene Gewandnadeln mit Köpfen in Vasen- oder Spindelform.

"Hochburg der Kultur"

Hergestellt wurden diese Schmuckgegenstände in Gussformen aus Stein oder Ton, die bis heute erhalten geblieben sind. Es fanden sich aber auch bemerkenswerte Keramiken mit sehr dünnwandigen Schalen und reichen Verzierungen. Alles in allem vermuten die Archäologen, dass der Oberleiserberg in der Bronzezeit eine echte Hochburg der Kultur war.(APA)