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Ein Mann liest in London den Bericht des Daily Mirror über die Vorwürfe gegen britische Soldaten

Foto: Reuters/Bebber
London/Washington - Nach amerikanischen stehen nun auch britische Soldaten in Verdacht, irakische Gefangene misshandelt zu haben. Die Zeitung "Daily Mirror" veröffentlichte am Freitagabend das Foto eines Häftlings, der geschlagen und gedemütigt worden sein soll. Die britischen Streitkräfte bestätigten kurz darauf, dass eine Untersuchung im Gange sei. Die USA zogen unterdessen die Leiterin der Militärgefängnisse im Irak ab. Sie war die Vorgesetzte von sechs Soldaten, die an Übergriffen auf Häftlinge beteiligt waren.

Der "Daily Mirror" druckte auf der Titelseite seiner Samstagsausgabe das Foto eines Soldaten, der offenbar auf einen halb nackten Häftling uriniert. Die Zeitung erhielt die Bilder nach eigenen Angaben von anderen britischen Soldaten. Diese hätten berichtet, dass der Gefangene acht Stunden lang misshandelt und ihm währenddessen eine Hinrichtung angedroht worden sei. Er habe geblutet und sich übergeben. Schließlich sei der Verletzte mit einem Fahrzeug weggebracht und aus dem fahrenden Wagen geworfen worden. Es sei nicht klar, ob der Mann überlebt habe.

Nicht würdig, die Uniform der Königin zu tragen

"Alle Vorwürfe werden bereits untersucht", sagte Generalstabschef Michael Jackson in London. "Wenn sie zutreffen, sind die Beteiligten nicht würdig, die Uniform der Königin zu tragen. Sie haben den guten Namen der Armee und ihre Ehre beschmutzt." Das Büro von Premierminister Tony Blair erklärte, die Anschuldigungen müssten mit großer Ernsthaftigkeit behandelt werden. "Aber sie sollten nicht als eine Reflexion des allgemeinen Verhaltens der Koalitionstruppen betrachtet werden."

Der US-Fernsehsender CBS hatte erstmals am Mittwoch Aufnahmen von nackten Gefangenen in demütigenden Stellungen veröffentlicht. Die amerikanischen Streitkräfte teilten am Freitag mit, die Offizierin im Rang eines Brigadegenerals, Janis Karpinski, sei suspendiert worden. Sie hatte die Aufsicht über alle Militärgefängnisse in Irak.

"Sehr aggressive Schritte"

Neben Karpinski seien mindestens sieben weitere Personen von ihren Aufgaben im Militärgefängnis Abu Ghraib entbunden worden, erklärte Militärsprecherin Jill Morgenthaler. Die Leitung der Haftanstalten und Lager soll nach Angaben von Generalmajor Mark Kimmitt der bisherige Kommandeur des Sondergefängnisses Guantanamo, Generalmajor Geoffrey Miller, übernehmen. Die Streitkräfte hätten "sehr aggressive Schritte" eingeleitet, um eine Wiederholung der Vorfälle zu verhindern, sagte Kimmitt.

US-Präsident George W. Bush sagte am Freitag: "Ich teile die tiefe Abscheu darüber, dass diese Gefangenen so behandelt wurden." UNO-Generalsekretär Kofi Annan begrüßte, dass die USA offenbar entschlossen seien, die Verantwortlichen der Justiz zu überstellen.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch erklärte, die Soldaten seien bei den Misshandlungen ganz offen vorgegangen, weil sie offenbar nichts vor ihren Vorgesetzten hätten verstecken müssen. Amnesty International wies darauf hin, dass Abu Ghraib unter Saddam Hussein ein berüchtigter Ort für Folterungen gewesen sei. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass sich dies wiederhole.

In der arabischen Welt lösten die Bilder Empörung aus. Ägyptische Tageszeitungen titelten am Samstag "Der Skandal" oder "Die Schande". Der Fernsehjournalist Mohammed Hassan Taha sagte: "Das ist eine Demütigung aller Araber." Das irakische Verwaltungsratsmitglied Dara Nur el Din sprach von einer Verletzung der Menschenrechte. "Das ist nicht hinnehmbar." (APA/AP)