Wien - Mehr als 300 Objekte sind es, die in der am 7. Mai im Dorotheum stattfindenden Auktion den Anspruch erheben wollen, 100 Jahre Designgeschichte zu dokumentieren. Allerdings gesteht man dem Begriff Design - im Dorotheum mehr als andernorts - einen großzügigeren Zeitrahmen zu.

Gleich zum Auftakt der Veranstaltung werden vier eiserne Gartenstühle aus dem Jahr 1850 angeboten (700-1200 €) gefolgt von verschiedenen Thonet-Modellen aus den Produktionsjahren 1870-1885 in Preisklassen von 600 bis 6000 Euro.

Während diese bereits auf Einträge in einschlägigen Lexika verweisen können, wissen nur Spezialisten um den Hintergrund eines in Italien 1850 fabriksmäßig hergestellten Möbels:

Der so genannte Chiavari-Stuhl von Gio Battista Ravenna (2500-3000 €) soll Gio Ponti Anfang der 50er-Jahre zu seinem Supperleggera inspiriert haben, jenem "leichtesten Stuhl der Welt", der eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart schlug. Mit genanntem Ponti-Klassiker kann das Dorotheum nicht aufwarten, dafür mit einer Wandapplique von 1960 (3000-4000 €) und einem Deckenfluter.

Die um 1930 datierte Stehlampe entspricht mit der Einbindung klassizistischer Elemente der Tradition der von Ponti für Fontana Arte entworfenen Leuchten und ist auf 5000-7000 € taxiert. Deutlich niedriger sind die Erwartungen hingegen für Exponate Verner Pantons: 1700-2000 €für die futuristische Lichtquelle Spion, 1971 ebenso für den dänischen Leuchtenhersteller Louis Poulsen entworfen, wie 1969 der Leuchttisch Illumesa (1000-1500 €). Für ein seltenes Kleeblatt-Sofa (1969) mit lila Dralonbezug sind 16.000 bis 20.000 Euro veranschlagt.

Für Fans der vor kurzem zu Ende gegangenen Ausstellung Experiment 70 im Hofmobiliendepot könnten finanziell belastende Zeiten anbrechen: von Günter Belzig offeriert man die 1966 entworfene Rutschbahn (2400-2800 €) und die seltene große Doppelwiege (3000-4000 €).

Für Anhänger Luigi Colanis bieten sich 17 (!) Objekte an, darunter der TV-Relax-Sessel mit orangem Stretchstoffbezug (12.000-15.000 €).

Zudem lauert in dieser Designfraktion eine Entdeckung an der heimatlichen Front: Oskar Hodosi, mittlerweile passionierter und anerkannter Yogalehrer, entwarf 1969 ebenfalls einen Relax (3000-5000 €) sowie 1971 das Unikat der Stehlampe Schwan (5000-7000 €). Wer in seinem Umfeld Schlichteres bevorzugt, wird in der skandinavischen Sektion fündig: etwa beim Nikke-Stuhl Tapio Wirkkalas, bei dem der Finne 1958 "rhythmisches" Birkenfurnier verarbeitete (4500-5000 €) oder dem schlichten Coffeetable von Arne Jacobsen, 1957 für Fritz Hansen, bei dem das Palisander im Stahlramen zu schweben scheint (3200 bis 3800 €). (kron, DER STANDARD, Printausgabe vom Donnerstag, 29. April 2004)