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Justizminister Böhmdorfer

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER
Ein neues Gefängnis hier (in Wien), ein neues dort (in Rumänien), einen alten Gerichtshof weg (Jugendgericht), einen neuen her (Wiener Straflandesgericht II) - Justizminister Dieter Böhmdorfers Bestreben, die Personalmisere in seinem Ressort zu beseitigen, ist so vielfältig, dass man dabei leicht den Überblick verlieren kann.

Die Fakten: 8297 Menschen waren mit Stand 1. März 2004 im Gefängnis, davon 2200 in Untersuchungshaft. Das mathematische Verhältnis Häftlinge zu Justizwache beträgt derzeit 2,55: 1, zuvor war es jahrelang 2:1. Die Häftlingszahlen stiegen seit 2001 um satte 22,5 Prozent, die Zahl der Justizplanstellen sank im gleichen Zeitraum um knapp mehr als drei Prozent.

Kein Wunder also, dass der Justizminister fast schon trotzig auf ein beneidenswertes Personalplus im Innenministerium schielt. Was der Schwarze (Ernst Strasser) hat, nämlich um 1180 Planstellen mehr, will der Blaue unbedingt auch haben. Geben kann ihm das allerdings nur der mittlerweile farblose Hüter der österreichischen Staatsfinanz.

Was Böhmdorfer freilich geschickt verschleiert, ist, dass die Personalnot zu einem wesentlichen Teil hausgemacht ist. Wer hat denn beispielsweise das Suchtmittelgesetz derart verschärft, dass den Richtern oft bei (zuvor) geringen Verstößen nichts anderes übrig bleibt, als Haftstrafen zu verhängen? Wer hat denn die Strafmündigkeit von 19 auf 18 Jahre herabgesetzt und damit die Möglichkeit geschaffen, junge Straffällige für längere Zeit zu verknacken? Wer hat denn dafür gesorgt, dass simple Ladendiebstähle heute oft als streng bestraftes "gewerbsmäßiges" Delikt geahndet werden?

Einspruch? Stattgegeben! Ein Justizminister kann dafür nicht ganz alleine verantwortlich sein.

(DER STANDARD, Printausgabe, 3.5.2004)