Wien - Hell und freundlich sind die Räume in der Wiener Gumpendorferstraße 70. Über 1764 Haftentlassene kamen im vergangenen Jahr hierher, um vom Verein Neustart Hilfe für die Integration in die Gesellschaft zu bekommen. Rund ein Viertel von ihnen musste jedoch wieder weggeschickt werden: Denn für Asylwerber gibt es keinerlei Unterstützung."In den letzten drei Jahren hat sich die Zahl der Klienten verdoppelt, was auch mit straffällig gewordenen Asylwerbern zusammenhängt", erklärt die Leiterin der Neustart-Depandance, Susanne Artner-Eigner. Meist gehe es bei Letzteren um vergleichsweise geringfügige Delikte. Offene Tuberkulose

Etwa bei Joni G. Der 33-jährige Georgier kam 2003 nach Österreich und suchte um Asyl an. In Bundesbetreuung kam er nicht. G. schlief in Abbruchhäusern und wurde beim Ladendiebstahl ertappt: Gewerbsmäßiger Diebstahl - acht Monate Haft. Im Gefängnis erkrankte er an offener Tuberkulose, notdürftig ausgeheilt wurde er bedingt entlassen und mit einem fünfjährigen Aufenthaltsverbot belegt. Er wandte sich an die Haftentlassenenhilfe (HEH), die ihm eine weitere Behandlung verschaffen konnte. Unterkunft gab es nur kurzfristig. Vor rund drei Monaten verschwand G. dann.

Die meisten der mehr als 400 straffällig gewordener Asylwerber, die im Vorjahr zu Neustart gekommen sind, erhalten überhaupt keine Hilfe. "Unterbringungsmöglichkeiten sind nicht vorhanden, Arbeitserlaubnis bekommen die Betroffenen nicht, und im Gegensatz zu österreichischen Haftentlassenen gibt es keine Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung", bedauert Artner-Eigner.

Mit der am 1. Mai in Kraft getretenen neuen Bund-Länder-Vereinbarung zur Betreuung von Flüchtlingen könnte sich die Situation bessern: "Dann haben die Betroffenen zumindest eine Perspektive, bis ihr Asylverfahren abgeschlossen ist. Ich glaube, dass es weniger Delikte gibt, wenn die Menschen Recht auf Kleidung und Essen haben." (Michael Möseneder/DER STANDARD, Printausgabe, 3.5.2004)