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Margaret Illmann als Rosalinde

Foto: APA/Schneider
Wien - "Spiel auf, Musik!", jubelt der Herzog in Shakespeares Wie es euch gefällt, "Ihr Bräutigame, Bräute, / Schwingt euch zum Tanz im Überschwang der Freude!" Da verabschiedet sich der melancholische Jaques: "Seid denn guter Dinge! Ich bin für andre als für Tänzersprünge." Der viel bejubelte Hamburger Starchoreograf John Neumeier ist für Tänzersprünge und gilt als Shakespeare-Liebhaber.

Er hat bereits 1985 Motive aus der um 1599 entstandenen Komödie Wie es euch gefällt in ein Ballett umgegossen, das jetzt an der Wiener Staatsoper als Remake gezeigt wird. Neumeier löst die Shakespeare-Handlung teilweise aus ihrer Zeit und strukturiert sein in zehn Szenen gegliedertes Stück mit Musik von Mozart, überwiegend aus der "Lodronschen Nachtmusik", KV 247, und der "Haffner-Serenade", KV 250.

Shakespeares Theater tritt sozusagen in Verkleidung dieser Musik auf. Die Worte des Dichters verschwinden hinter den zum Tanz erweiterten Körpergesten. Längst scheint die Gattung des Handlungsballetts in einer Entwicklungsphase zu sein, die Shakespeares Jaques als letzten Akt auf der Weltbühne beschreibt: "Ohn' Augen, ohne Zahn, Geschmack und alles." Doch dieser Schein trügt. Denn dem Tanz, und damit auch dem Ballett, stehen Darstellungsebenen offen, die Handlungen weit über den Horizont der Worte hinaustragen können.

Dass dem die Macher vieler Ballette im Weg stehen, dafür kann die Gattung nichts. Wie auch Jirí Kylián (Nederlands Dans Theater) umgibt Neumeier ein Nimbus des Meisterlichen, der beiden nicht wirklich zusteht. Der Hamburger ist weder ein Nijinski noch ein Forsythe, das wird bei Wie es euch gefällt schnell klar: Eine flache Choreografie, die schlichte Dramaturgie und krampfhafter Humor lassen das Stück aussehen wie ein schlecht geliftetes Gesicht.

Welt als Bühne

Trotzdem: Die Rosalinde ist mit Margaret Illmann gut besetzt, und mit Eva Petters tanzt Celia als herziges Wiener Mädel im Ardenner Wald. Eno Peci ist ein feiner Touchstone-Clown und Iva Rohlik eine janusgesichtige Eva, die bestens zu Shakespeares doppelbödigem Spiel passt. John Neumeier klebt an Shakespeares Erzähloberfläche fest und versäumt offenkundig die Gelegenheit, Jaques' großes Wort "Die ganze Welt ist Bühne" adäquat zu bearbeiten.

Dem bekannten Genderdiskurs des Klassikers gewinnt er nicht viel mehr ab als eine biedere Cross-Dressing-Klamotte. Er, der Wie es euch gefällt wohl nicht ohne Hintergedanken für Wien ausgesucht hat, behauptet sich auch in den Zweideutigkeiten des Stoffs nur leidlich, weil er ihn nicht an die Gegenwart anzubinden vermag. Ein Rad fahrender Jaques als Moderator des Stücks ist da zu wenig. Trotz einiger amüsanter Momente:

Wer in der Pause geht, könnte man sagen, versäumt eigentlich nichts. Denn die "Welt" ist, um mit Jaques zu sprechen, "zu weit für die verschrumpften Lenden" dieses Balletts. (Helmut Ploebst/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3. 5. 2004)