Glaubt man dem Trend, führt an Brennstoffzelle und Wasserstoff im Auto kein Weg vorbei. Praktisch alle großen Automobilfirmen haben entsprechende Versuchsfahrzeuge im Betrieb. Aktuellstes Beispiel: Opel startet am heutigen Montag in Hammerfest in Norwegen mit dem auf einem Zafira basierenden HydroGen3 einen Dauertest: 10.000 Kilometer quer durch Europa. Am 11. Juni will man in Lissabon ankommen. Der mit einem 82 PS starken Elektromotor ausgestattete Wagen hat im Tank komprimierten, gasförmigen Wasserstoff gespeichert, der in einer Brennstoffzelle in Strom umgewandelt wird und der am Auspuff keine anderen Emissionen als Wasserdampf hinterlässt.

Die Brennstoffzelle besticht durch einen konkurrenzlos guten Wirkungsgrad, wenn sie mit Wasserstoff betrieben wird. Lars Peter Thiesen vom Opel-Entwicklungszentrum Fuel Cell Activities hat einen Vergleich parat: "Der HydroGen3 kommt im standardisierten Fahrzyklus auf einen Wirkungsgrad von 36 Prozent, ein herkömmlicher Zafira TDI auf 22 Prozent." Die Brennstoffzelle arbeitet außerdem völlig frei von Kohlendioxid, wenn der Wasserstoff aus regenerativer Energie erzeugt wird. Effizienter und sauberer geht's also nicht, was freilich nur für den skizzierten Idealfall gilt. Auf dem Weg zum perfekten Auto warten noch etliche Herausforderungen.

Es gibt viele offene Fragen - im Kapitel Brennstoffzelle etwa betreffen sie Kosten, Haltbarkeit und Zuverlässigkeit. Die offenen Fragen im Kapitel Wasserstoff: Erzeugung, Speicherung, Infrastruktur. Viktor Hacker, Leiter des Doppler- Labors für Brennstoffzellen an der TU Graz, ist trotzdem überzeugt, "dass sich die Brennstoffzelle aufgrund des tollen Wirkungsgrades durchsetzen wird". Das Labor arbeitet in Kooperation mit der AVL List an Brennstoffzellen, die Methanol direkt verbrennen, und an Auxiliary Power Units (APU), kleineren Hochtemperatur-Brennstoffzellen, die für die Bordstromversorgung eingesetzt werden können. Eine Anwendung mit großem Potenzial, da bei zunehmender Ausstattung die traditionelle Stromversorgung eines Autos mittels Bleibatterie bereits heute an ihre Grenzen stößt. Aber selbst in diesem Fall braucht es noch etwas Ge- duld: Peter Prenninger, Leiter der AVL-Forschungsprojekte, rechnet mit einem Serieneinsatz solcher APUs frühestens in fünf Jahren.

Für die Brennstoffzelle als ernsthafte Alternative zum Verbrennungsmotor ist der Zeithorizont wesentlich weiter: 15 bis 20 Jahre. Auch deshalb, "weil der Verbrennungsmotor der härteste Gegner ist, den man sich vorstellen kann", sagt Viktor Hacker. Funktioniert einwandfrei, kostet vergleichsweise sehr wenig und hat nach wie vor Verbesserungspotenzial.

Das mag ein Grund sein, weshalb BMW versucht, auf die Brennstoffzelle ganz zu verzichten und den Wasserstoff ohne Umweg in einem klassischen Benzinmotor zu verbrennen. Als Versuchs- träger dient der 750 hl, mit Zwölfzylindermotor und 231 PS. Der Vorteil des Systems: Es kann jederzeit mit Benzin betrieben werden. Um gegenüber der Brennstoffzelle zu bestehen, müssen Wirkungsgrad und Emissionsbilanz der Maschine aber wesentlich verbessert werden. Daran arbeitet BMW in Rahmen des von der EU mit drei Millionen Euro geförderten Forschungsprojekts HyICE, gemeinsam mit Partnern wie Ford, Volvo, MAN, Magna Steyr und dem Insti- tut für Verbrennungskraftmaschinen an der TU Graz. Ins- titutsvorstand Helmut Eichlseder: "Ein echter Fortschritt gelang uns durch die Direkteinblasung des Wasserstoffs in den Zylinder. Langfristig will BMW einen Wirkungsgrad von 50 Prozent im Bestpunkt erreichen." Heute erreicht man 37 Prozent, ein direkteinspritzender Turbodiesel kommt in diesem Bestpunkt auf etwa 42 Prozent.

In den Griff bekommen

Auf der Emissionsseite kann man die Stickoxide durch die kontrollierte Steuerung des Luft-Wasserstoff-Verhältnisses in den Griff bekommen. Eichlseder bestätigt: "Voraussetzung für den sinnvollen Einsatz solcher Antriebssysteme ist ein aus sauberer Energie erzeugter Wasserstoff. Dieses Problem ist noch nicht gelöst." Denn nur in diesem Fall kann man von einem Fortschritt für den Klimahaushalt der Erde sprechen, weil eben keine CO-Emissionen anfallen. Wird Wasserstoff aus Erdgas oder Erdöl hergestellt, ergeben sich in der Kohlendioxid-Bilanz keine Vorteile gegenüber einem klassischen Verbrennungsmotor. In Graz soll nun ein Wasserstoffknoten aufgebaut werden.

Ein kritischer Punkt neben dem kostspieligen Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur ist die Speicherung des Wasserstoffs. Das extrem flüchtige Gas lässt sich nur unter Hochdruck oder in flüssigem Zustand bei sehr tiefen Temperaturen von minus 253 Grad speichern. Magna Steyr liefert schon jetzt die Was- serstofftanks für den großen BMW. Das entsprechende Know-how stammt aus der etwas weniger bekannten Abteilung Weltraumtechnik des Konzerns. Magna-Entwicklungsvorstand Harald Wester: "Wir stehen ganz am Anfang der Forschung." Aber Wester zweifelt nicht daran, dass Wasserstoff kommen wird, "schon deshalb, weil es keine Alternative gibt. Die Frage ist nur wie und wann." (Markus Honsig/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3. 5. 2004)