"Die EU-Erweiterung ist ein Segen für Österreich" - Ernst Nonhoff, Generaldirektor IBM Österreich

"Die EU-Erweiterung ist ein Segen für Österreich", ist Ernst Nonhoff, Generaldirektor von IBM Österreich , aus voller Brust überzeugt. Die heimischen Unternehmen seien in den Erweiterungsländern gut vertreten und hätten schon über viele Jahrzehnte gute Kontakte aufgebaut und gepflegt. Erforderlich sei aber ein prinzipielles Umdenken, trete man wirklich für eine Verbesserung von Lebensstandards in diesen Ländern ein: "Wir können beispielsweise nicht nur Agrarmaschinen liefern und dann das damit erzeugte Gemüse nicht wollen."

Befürchtungen, dass in den kommenden Jahren gut ausgebildete Arbeitskräfte aus dem Osten auf den Markt drängen, teilt er nicht. Im Gegenteil. Das Lohn- und Preisniveau in den Beitrittsländern werde sich schnell adaptieren. "Wenn überhaupt, wird das nur ein temporäres Problem sein. Sollten sich die Prognosen der Altersstruktur unserer Bevölkerung so fortsetzen, kann man dann eher froh sein, wenn Leute zu uns kommen."

"Hungrige" aus dem Osten

Anstrengen müsste sich hingegen vermehrt die junge Generation, die sich mit technisch gut ausgebildeten und "hungrigen" jungen Leuten aus den Erweiterungsländern in Zukunft messen müssten. "Wir sind alle gut beraten, uns darauf einzustellen", rät Nonhoff und plädiert für eine "wirklich gute wettbewerbsorientierte Ausbildung". Diese beginnt für den IBM-Generaldirektor bei den Noten: "Ein Schulsystem ohne Noten kann ich mir beispielsweise nicht vorstellen. Ohne Noten hätte ich in der Schule sicher nicht viel getan", erteilt er diesbezüglichen Schulreformen eine Absage. Aufholbedarf im Ausbildungssektor ortet Nonhoff in technischen Berufen auch bei Frauen. "Dem Potenzial hier wird in Österreich nicht genügend Aufmerksamkeit gewidmet."

Recht nüchtern sieht der österreichische IBM-Chef auch den zunehmenden Trend, Jobs, vor allem im IT-Bereich, in Länder wie beispielsweise Indien auszulagern. "Jedes Land und jedes Unternehmen befindet sich heutzutage in einem globalen Wettbewerb, dem sich auch Österreich stellen muss." Es handle sich dabei um einen weltweiten Prozess, bei dem gewisse Dinge, um wettbewerbsfähig zu bleiben, ausgelagert werden müssten. Gewisse Typen von Jobs seien dafür prädestiniert.

US-amerikanische Firmen wandern nicht ab

Dem Wirtschaftsstandort Österreich drohe damit jedoch so wenig wie mit der EU-Erweiterung eine Gefahr. Beispielsweise hätten mehr als 1000 US-amerikanische Firmen hierzulande ihr Headquarter, bis jetzt seien die wenigsten wieder abgewandert, so Nonhoff, der auch Präsident der Amerikanischen Handelskammer in Österreich ist. "Ich glaube nicht an eine riesige Abwanderung - wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Die Senkung der Körperschaftssteuern war hier ein ,move' in die richtige Richtung." Auch der soziale Frieden, der in Österreich doch weit gehend herrsche, sei nach wie vor ein Anreiz für Unternehmen, hier zu investieren.

Für das eigene Unternehmen rechnet Nonhoff mit einem guten Jahr 2004. Sehr zufrieden zeigte er sich auch über den Verlauf des Vorjahres, in dem IBM Österreich im Vergleich mit anderen Länderorganisationen recht gut abgeschnitten habe. (Karin Tzschentke, Der Standard, Printausgabe, 03.05.2004)