Wien - Das Bier lehnt er ab. Richtige Entscheidung, die Leichtbrühe vergrößert sowieso die Entfernung zum seligen Vergessen, statt sie zu verringern. Florian Scheuba hat es ein wenig eilig, weil man spät dran ist, und das Match hat schon angefangen, das Brausen des vollen Hanappi-Stadions verdichtet sich sofort über den Köpfen der Austrianer. Scheuba setzt sich und schaut, für einen Menschen des Wortes besteht er in den kommenden eineinhalb Stunden aus überraschend großen Augen und heftigen Ausbrüchen nonverbaler Artikulation - "Uuu! Scheiße! Naaa Geeeehhhhh, Oasch!"

Weil er nur wenig über dem Rasen sitzt und den Ball praktisch seufzen hören kann, wenn Austrias Goalie Joey Didulica ausschießt, rutschen ihm ein paar Wahrheiten heraus: "Ich kenn' keinen Fußballer, der so eine unsympathische Ausstrahlung hat wie der Didulica. Das ist ein Karateka." Didulica hat mehrfach Eigene und Gegner mit Fußtritten traktiert, das bleibt einem mit dem Blick auf das Besondere in der Gesellschaft spezialisierten Menschen wie Scheuba in Erinnerung.

Er spielt kaum Fußball. "Bei uns gibt's zu viele Ehrgeizler." Sein Kollege Alfred Dorfer ist ein bekennender Austria-Fan, "obwohl er momentan natürlich auch Probleme hat", so Scheuba. Das bezieht sich nicht auf Frank Stronach als Person. "Die wechseln alle sieben Monate den Trainer."

Axel Lawaree taucht alleine vor Didulica auf, schießt den Goalie an, Scheuba sackt in sich zusammen. Die Rapid-Fangemeinschaft intoniert böse Sprechchöre über einen Expolitiker und Bundesliga-Vorstand, Scheuba ist indigniert. Weil der Bundesliga-Vorstand sich vor kurzem im Bundesliga-News seine Empörung über den Schweizer Schiri Meier von der violetten Seele geschrieben hat. Scheuba: "Lächerlich, einmal pfeift wer was gegen die Austria!"

In einem "Donnerstalk" im ORF zeigten Dorfer und Scheuba Stronach aus der Nähe, wie sie halt glauben, dass der Fußballmäzen, Pferdeliebhaber und Steiermark-Wohltäter so sei. "Beim nächsten Rapid-Match haben sie ein Transparent hergezeigt: Wenn Kabarett Wirklichkeit wird. Das hat schon was bewirkt."

Austrias Michael Wagner zerrt wieder einen Gegenspieler mit beiden Händen zu Boden. Die Menge rundherum tobt, Scheuba bleibt gelassen. "Der Wagner darf offenbar alles, ins Kreuz treten, niederreißen." Die Austria geht dank eines Verlegenheitsstoßes von Rushfeldt nach einem zu weit vorgelegten Ball in Führung. Das Urteil rundherum: bochn. Scheuba: "A Pech!" Im Rapid-Mittelfeld fehle das kreative Moment, der Martinez versucht's ein bisschen." Rushfeld macht das 2:0 für die Austria. Scheuba sackt weiter zusammen. Und nur Leichtbier, wohin der Durst reicht.

René Wagner stolpert vor Didulica über den eigenen Ball. "Naaa!!" Derzeit spielt er mit Thomas Maurer das Programm "Anleitung zur politischen Unmündigkeit", gleichzeitig befindet er sich in der Sommervorbereitungszeit auf die im Herbst auszustrahlende Neuner-Staffel des "Donnerstalks" mit Dorfer. "Bis jetzt gab's keine Einmischungen, das ist angenehm." Kein Stronach, sozusagen, der an die Trainerbank tritt und Anweisungen erteilt.

Die Austria fällt unter der Wucht von Rapids Hasenstall auseinander, Vico macht das 1:2. "Jaaaa!" - Scheuba strahlt. Lawaree mäht Didulica um, der bleibt benommen liegen, Scheuba ist betroffen. Weil der Rapid die Zeit davonzulaufen droht. Und so ist es dann auch. Scheuba wird heuer nicht mehr ins Hanappi-Stadion kommen. Aber dem GAK gratuliert er schon jetzt. (Johann Skocek - DER STANDARD PRINTAUSGABE 4.5. 2004)

Der STANDARD-Sport lädt prominente Mitmenschen zum Fußballschauen. Bisher: Wolfgang Schüssel, John MacGregor, Roland Girtler, Franz Antel, Hans Niessl, Samy Molcho.