Das wirtschaftliche Fazit der diesjährigen Frühjahrsmessen für Uhren und Schmuck lässt sich in knappe Worte fassen: Die Stimmung war deutlich besser als im Vorjahr, die Branche verströmt Optimismus, und es gab speziell auf dem Gebiet der zeitbewahrenden Mechanik so viel bahnbrechende Neuigkeiten wie selten zuvor: Armbanduhren mit äußerst innovativen Uhrwerken, die bei Kennern und Liebhabern klassisch tickender Zeitmesser für Furore sorgen werden.


Rolex Datejust

Eine echte zeitschreibende Weltpremiere präsentierten Eterna und Porsche Design. Das Modell stellt gestoppte Zeitintervalle bis zu neun Stunden und 59 Minuten in großen Ziffern digital dar. Nur für die Sekunden gibt es einen klassischen Chronographenzeiger. Der "Indicator" kann als reinrassige Manufakturarbeit gelten. Letztere beginnt bei der eigenen, um sechs Millimeter vergrößerten Platine für das Basiskaliber Valjoux 7750. Echter Pioniergeist steckt im aufwändigen Anzeigemechanismus, bestehend aus rund 400 Komponenten. So viele braucht es, um drei Scheiben vorwärts springen und rasch, aber sanft rückwärts laufen zu lassen. Die Kraft liefern gleich drei Motoren, sprich Federhäuser, samt zugehörigem "Tempomaten".

Wer das neue Gyrotourbillon von Jaeger-LeCoultre vors Auge bekommt, sollte am besten durch eine Lupe blicken. Nur so wird das Bewegungsschema der massivgoldenen Unruh transparent. Der äußere, 0,035 g leichte Alu-Käfig rotiert ein Mal pro Minute um seine Achse. Das innere, um 90 Grad versetzt drehende Titangestell ist zweieinhalb Mal so schnell. Durch seine vielseitigen Bewegungen gleicht er die Auswirkungen der Erdanziehungskraft in praktisch allen Lagen dieser limitierten Platin-Armbanduhr aus. Zu den Komplikationen des Handaufzugskalibers 177 gehören auch ein ewiger Kalender mit drei retrograden Zeigern sowie ein zweiter, mit dem Kalendarium gekoppelter Minutenzeiger. Er trägt einen Stern und indiziert die wahre Sonnenzeit.


IWC Portugieser Tourbillon

Letzteres tut auch die neue "équation marchante" von Blancpain. Diese Automatik-Armbanduhr stellt indes nicht nur die wahre Sonnenzeit mit Hilfe eines zusätzlichen Minutenzeigers dar, sondern auch die jeweilige Differenz zur mittleren Sonnenzeit, Äquation genannt. Ein ewiges Kalendarium sorgt dafür, dass die Zeitgleichung in Normal- wie Schaltjahren stimmt. Auch die Mondphasen lassen sich ablesen, dargestellt von einem rückspringenden Zeiger zwischen "10" und "11". Der "rechnende" Mikrokosmos besteht aus nahezu 350 Komponenten.

Beim Manufaktur-Kaliber 324 hat Patek Philippe nicht nur eine neue Verzahnungsform realisiert, sondern auch einen Zahn zugelegt. Seine umgestaltete "Gyromax"-Unruh schwingt mit vier Hertz hin und her. Der Rotor aus 21-karätigem Massivgold ist etwas größer und höher geworden. Das Automatikwerk treibt Zeiger für Stunden, Minuten und Sekunden sowie einen modifizierten Jahreskalender mit digitaler Indikation von Datum, Wochentag und Monat an. Bei der "6" rotieren die Mondscheibe und darüber ein 24-Stunden-Zeiger.


Panerai Radiomir 8 Days

An Profitaucher wendet sich IWC mit dem neuen "Aquatimer Minute Memory". Hierbei handelt es sich um einen Automatik-Chronographen (Basis Eta 7750) mit 30-Minuten- und 12-Stunden-Zähler, wasserdicht bis 120 m. Bei genauem Hinschauen fällt neben dem Minutenzeiger in Gelb noch einer in Gelb / Schwarz auf. Ein mit "0" und "I" gekennzeichneter Kippschalter im linken Gehäuserand gestattet es, den in seiner Art bislang einmaligen Minuten-Schleppzeiger nach dem Starten des Chronographen beliebig oft anzuhalten und - beispielsweise nach dem Erreichen der vorgeschriebenen Dekompressionszeit - wieder nachspringen zu lassen.


Lange & Söhne Double Split

TAG-Heuer wartete mit einer interessanten zum Patent angemeldeten Concept-Watch auf. Die vier Federhäuser des quadratischen Uhrwerks werden durch einen auf- und abwärts rollenden Quader gespannt. Die kinetische Energie des Schwungkörpers wird über Mikro-Zahnriemen weitergeleitet. Selbst der Antrieb des Zeigerwerks geschieht mit Hilfe von gezahnten Gummiriemen. Nur die Teilung der gleichförmig fließenden Zeit vollzieht sich - derzeit noch - ganz konventionell per Unruh, Unruhspirale und Ankerhemmung. Die unrunde Form des Kalibers kommt indessen nicht ganz von ungefähr. Sie passt exakt zur quadratischen Monaco.


Candino Diver Professional

Jean Richard stattet seine Paramount JR 1000 mit dem neuen Sowind-Manufakturkaliber 1000 aus. Das 11½-linige Automatikwerk besitzt eine Gangautonomie von 48 Stunden, kleine Sekunde bei der "9" und ein Fensterdatum zwischen "4" und "5". Das Gehäuse im "Retro"-Stil ist wasserdicht bis 30 Meter.


Breguet Régulateur

Als erster Automatik-Chronograph sächsischer Provenienz präsentiert sich der neue "PanoMatic Chrono" von Glashütte Original. Er verfügt über eine Flyback-Funktion und einen 30-Minuten-Zähler. Beim Uhrwerk, Kaliber 95, spannt ein Goldsegment-Rotor die beiden Federhäuser per neuartigem Stufengetriebe mit zwei verschiedenen Übersetzungsverhältnissen: ein kleines, schnell aufziehendes sowie eine großes und demnach die Zugfedern eher langsam spannendes. Der Sinn des Ganzen: ein relativ konstantes Drehmoment der Zugfedern, hohe Ganggenauigkeit und geringerer Verschleiß.

Nachbar A. Lange & Söhne zeigte in Genf nicht nur den innovativen "Double Split" mit Schleppzeigern für die Sekunden und Minuten, sondern auch den puristischen 1815 Chrononographen, dessen Kaliber L951.0 ohne Großdatum auskommt. Hingegen wurden die permanente Nullstellung sowie die exakten Sprünge des Minutenzählers vom "Datograph" übernommen. Neu ist eine auf 30 Pulsschläge berechnete Pulsometerskala, die mit wenig Kopfrechnen übrigens auch als Tachymeterskala verwenden lässt. Dazu müssen die jeweiligen Skalenwerte einfach mit zwei multipliziert werden.


Glashütte Original PanoMatic Chrono

Weitere Neuigkeiten in Kürze waren etwa der neue "Quattro Regulator" von Chopard, mit vier Federhäusern und zwei Stundenzeigern: einen bei der "3" und einen weiteren, unabhängig verstellbaren bei der "9"; Gangautonomie 216 Stunden.
Panerai weitet seine Radiomir-Palette durch ein Modell mit 8-Tage-Handaufzugswerk aus. Das Kaliber mit rückwärtiger Gangreserveanzeige stammt von der Schwester Jaeger-LeCoultre.

Rolex ergänzt die erfolgreiche "Datejust"-Linie durch Varianten mit Goldgehäuse und Lederband. Die verdeckten Bandanstöße erinnern an die so genannten "hooded"-Modelle aus den 1940-er Jahren. "Ergon" kann als Kürzel für Ergonomie gelten. Im Zeichen derer steht die brandneue, ausgesprochen markante Uhrenlinie von Bulgari mit hohem Tragekomfort und Automatikwerk. "Deep Reef" heißt eine neue, stählerne Taucheruhren-Kollektion von Candino. Wasserdicht bis 300 Meter, ausgestattet mit einseitig rastender Drehlunette und bewährtem Automatikwerk, Kaliber Eta 2824-2.
Fotos: Hersteller (DERSTANDARD/rondo/Gisbert L. Brunner/30/04/04)


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