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Rumsfeld: Missbräuche völlig inakzeptabel und unamerikanisch

foto: apa/epa/thew
Washington/Bagdad - US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat eine lückenlose Aufklärung der Missbrauchsvorwürfe im irakischen Gefängnis von Abu Ghoreib angekündigt. Die Taten seien völlig inakzeptabel und unamerikanisch, sagte Rumsfeld am Dienstag in Washington. Seit Auftauchen der ersten Vorwürfe am 13. Jänner seien sechs interne Untersuchungen über die Vorwürfe sowie über die Situation in dem Gefängnis angeordnet worden.

Rumsfeld äußerte sich erstmals öffentlich, seit die Bilder mit missbrauchten Häftlingen am Donnerstag vergangener Woche weltweit für Aufsehen und Empörung gesorgt hatten. Es werde alles getan, um jene zur Rechenschaft zu ziehen, die die Militärvorschriften und das Vertrauen der amerikanischen Bevölkerung verletzt hätten, sagte der US-Verteidigungsminister.

Rumsfeld räumte ein, dass durch die Vorgänge Vertrauen in die US-Streitkräfte verloren gegangen sei. Die Betroffenen repräsentierten aber weder die USA noch die US-Streitkräfte. Rumsfeld sagte weiter, nach seinem Verständnis handle es sich um Missbrauch und nicht um Folter. Er erinnerte daran, dass zu Zeiten von Ex-Diktator Saddam Hussein Gefangene in der Haftanstalt von Abu Ghoreib gefoltert und getötet worden seien.

Rumsfeld kündigte an, dass anders als bisher vorgesehen die Truppenstärke im Irak nicht reduziert werde solle. Aus dem US-Verteidigungsministerium verlautete am Dienstag, die Armee habe sich entschieden, die erhöhte Truppenpräsenz von derzeit 138.000 Soldaten beizubehalten.

Das Verteidigungsministerium informiere derzeit 10.000 Soldaten sowie 37.000 Reservisten und Nationalgardisten, dass sie in diesem Jahr in den Irak verlegt würden. 20.000 von ihnen sollten Truppen im Irak ersetzen, die regulär bereits im April hätten abgelöst werden sollen. Ihre Dienstzeit war aber wegen der angespannten Lage im Irak verlängert worden. Die übrigen zu verlegenden Soldaten würden im Rahmen der üblichen Truppenrotation in den Irak verlegt, hieß es weiter. Die US-geführten Truppen im Irak sind fast täglich Angriffen von Rebellen ausgesetzt. Die Attacken hatten in den vergangenen Woche stark zugenommen.

Bush: Vorwürfe "rasch und restlos aufklären"

US-Präsident George W. Bush hatte seinen Verteidigungsminister Donald Rumsfeld aufgefordert, den Skandal um Erniedrigung, Folter und sexuellen Missbrauch irakischer Gefangener rasch und restlos aufzuklären. Wie aus dem Weißen Haus verlautete, erwartet Bush einen schriftlichen Bericht des Pentagon-Chefs.

Auch Mitglieder des US-Kongresses dringen auf schnelle Offenlegung. Der irakische Übergangsminister für Justiz, Hashim al Shibli, forderte, dass US-amerikanische und britische Soldaten, die irakische Gefangene misshandelt und gefoltert haben, im Irak vor Gericht gestellt werden. Die Verletzung der Rechte und der Menschenwürde irakischer Gefangener durch deren Bewacher stelle eine "völlige Missachtung des internationalen Rechts".

Die US-Streitkräfte sind schon im Herbst 2003 ersten Hinweisen auf eine Misshandlung von Häftlingen im Irak nachgegangen. Die Ergebnisse der Untersuchung seien allerdings unter Verschluss, sagte ein Pentagon-Sprecher.

In einer anderen Angelegenheit wird das Weiße Haus nun wieder von der Vorgeschichte des Irakkriegs eingeholt. In seinem soeben erschienenen Buch "The Politics of Truth" beschuldigt der frühere US-Botschafter im Irak, Joseph Wilson, hohe Beamte der Regierung, die Identität seiner Frau als Agentin der CIA als Racheakt gegen ihn preisgegeben zu haben: Wilson war 2002 von der CIA nach Niger gesandt worden, um Gerüchten von angeblichen Urankäufen des Irak nachzugehen. Obwohl er berichtete, keine Hinweise für solche Ankäufe gefunden zu haben, erklärte Präsident Bush in seiner Rede zur Lage der Nation im Jänner 2003, "Saddam Hussein wollte bedeutende Mengen von Uran in Afrika einkaufen".

"Scooter" und Rove

Im Juli 2003 veröffentlichte Wilson in der New York Times einen Artikel, in dem er auf die Unwahrheit dieser Aussage hinwies. Nur eine Woche später machte der konservative Kolumnist Robert Novak den Namen von Wilsons Frau, Valerie Plame, publik und nannte "zwei hochrangige Beamte der Bush-Regierung" als Quellen. Eine Untersuchung des US-Justizministeriums blieb bisher ohne Ergebnis. In seinem Buch erklärt Wilson nun, bei einem der Beteiligten könne es sich möglicherweise um einen engen Mitarbeiter von Vizepräsident Dick Cheney, I. Lewis "Scooter" Libby, handeln. Wilson nennt auch Karl Rove, den Politikchef von Präsident Bush. (APA/dpa/Reuters, sdr/DER STANDARD, Printausgabe, 5.5.2004)