Bild nicht mehr verfügbar.

Gedenkveranstaltung gegen Gewalt und Rassismus im Parlament

foto: apa/jaeger
Wien - Speziell den im Nationalsozialismus umgekommenen Sinti und Roma war heute die traditionelle Gedenkveranstaltung gegen Gewalt und Rassismus im Parlament gewidmet. Nationalratspräsident Andreas Khol (V) erinnerte daran, dass in der NS-Zeit von 11.000 in Österreich lebenden Angehörigen dieser Volksgruppen höchstens 2000 die nationalsozialistische Vernichtungspolitik überlebt hätten. Trotz einiger Fortschritte sei auch heute die faktische Ungleichbehandlung noch nicht beendet. So müssten europaweit Fortschritte zur Beendigung der Diskriminierung und der besonderen Förderung gesetzt werden.

Anwesende

Zu der Gedenksitzung Sitzung hatte sich eine große Zahl an Abgeordneten des Nationalrates und Bundesräte sowie fast die gesamte Bundesregierung mit Kanzler Wolfgang Schüssel (V) und Vizekanzler Hubert Gorbach (F) an der Spitze im historischen Reichratssaal eingefunden. Auch die Chefs der Oppositionsparteien sowie die Präsidenten von Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof, Karl Korinek bzw. Clemens Jabloner, fanden sich im Plenum ein. Von der Besuchergalerie aus verfolgten Bundespräsident Thomas Klestil, sein Vorgänger Kurt Waldheim und Spitzenrepräsentanten der Religionsgemeinschaften die Veranstaltung.

Khol: Mit nichts vergleichbar

Khol betonte in seiner Auftaktrede, dass die Roma und Sinti schon lange vor der Zeit des Zweiten Weltkrieges verfolgt, ausgestoßen, gequält und getötet worden seien: "Doch nichts lässt sich mit dem anhaltenden, geplanten, über Jahre durchgezogenen Massenmord der Nationalsozialisten vergleichen." Die kleinen alltäglichen Diskriminierungen hätten sich aber auch nach 1945 oftmals fortgesetzt und immer wieder sei es auch zu Tätlichkeiten gegen Roma und Sinti gekommen, die ihren "traurigen Gipfel" im Attentat gegen eine Roma-Siedlung in Oberwart im Jahr 1995 gefunden hätten.

Positiv

Positiv hervorgehoben wurde vom Nationalratspräsidenten, das Österreich als erster EU-Mitgliedsstaat die Roma und Sinti als ethnische Minderheit anerkannt und "zumindest die rechtliche Diskriminierung beendet" habe. Auch zeigte er sich erfreut, dass das Bekenntnis zum Romani als Umgangssprache merkbar gestiegen sei. Die rassischen Vorurteile bestünden aber noch immer, bedauerte Khol und wandte sich heftig gegen die Verwendung des Wortes "Zigeuner": "Es ist abwertend und verächtlich. Es gehört aus dem Sprachschatz demokratisch denkender und handelnder Menschen gestrichen".

Schlechter gestellt

Bundesratspräsident Jürgen Weiss (V) erinnerte daran, dass die Sinti und Roma nach Ende des Zweiten Weltkriegs in der "Bewertung" der Leiden auch rechtlich schlechter gestellt wurden als andere Opfergruppen. Ein wichtiges Datum stellt für ihn das Bedenkjahr 1988 dar, seit dem in Österreich jener Anteil an Schuld bewusst geworden sei, den Österreicher an den Verbrechen des Nationalsozialismus getragen haben: "Wenn Erinnerung Identität stiftet, dann hat auch die Erinnerung an Verfolgung, Leid und Vernichtung dazu beigetragen, dass die österreichischen Roma und Sinti ihre Identität bewahrt oder wieder gefunden haben."

Aufforderung

Rudolf Sarközi, Obmann des Kulturvereins österreichischer Roma, forderte in seiner Rede Europa auf, bessere Lebensbedingungen für die Angehörigen seiner Volksgruppe zu schaffen. Schließlich sei der "sozial schlechte und menschenunwürdige Zustand" der Roma in den neuen EU-Ländern nicht zu übersehen. Und immerhin sei seine Volksgruppe durch die Erweiterung zur größten Volksgruppe Europas geworden. Das Leid seiner Volksgruppe schilderte Sarközi am Schicksal seiner eigenen Familie. Von 128 Personen hatten nur acht den Holocaust überlebt.

"Offene Tür"

Besonderes Lob wurde Bundespräsident Thomas Klestil zu Teil: "Wir Roma und Sinti fanden bei Ihnen stets eine offene Tür für ein persönliches Gespräch. Ich danke Ihnen im Namen meiner Volksgruppe und wünsche Ihnen 'Put pacht tei sastipe - Glück und Gesundheit'." Eine Ovation, die das Staatsoberhaupt sichtlich gerührt entgegennahm.

Rahmenprogramm

Das kulturelle Rahmenprogramm bestritt die Hans Samer-Band, eine ausschließlich aus Roma bestehende Musikgruppe, die die österreichische Bundeshymne und die Hymne der Roma ("Ghelem, Ghelem") spielte. Frank Hoffmann und Christine Sztubics (in Romani) lasen Texe mit Bezug zur Volksgruppe der Roma, unter anderem von Karl Stojka. (APA)