The Beta Band
Heroes To Zeros
(EMI)

Foto: Plattencover/emi
Für ihre Verhältnisse beginnt das neue Album recht normal. Immerhin sind die harmonischen Geheimnisse des mit verhallter Gitarre gezupften Kinderreigens in der Tradition von "Tatü Tata, die Feuerwehr ist da!" recht schnell enthüllt: Das hier klingt wie die Beatles ohne Lebenswillen. Man darf auch The Stone Roses dazu sagen. Die britisch-schottische Beta Band verweist in Assessment , dem Eröffnungssong des neuen Albums Heroes To Zeros, einmal mehr auf alte Raver-Seligkeit aus den späten 80er- und beginnenden 90er-Jahren. Damals wie heute wieder wurde mit schlecht ausgewachsenen Frisuren, akutem Vitaminmangel, schlank machenden Tabletten und umgehängten Gitarren in den Club gegangen. Verwehte Sixties-Chorharmonien treffen hier über einem an Magenblähungen leidendem Bassriff und einem stur vom Eingang gleich direkt zur Bar marschierenden Schlagzeug auf Kinder-Xylophon und billige Korg-Synthesizer-Effekte aus der Mottenkiste.

Dann bricht der Song zusammen und baut sich über einem an alten Soul erinnernden Bläsersatz, der möglicherweise aus der Steckdose kommt, soweit wieder auf, dass er dank der Rhythmusgitarre schließlich wie eine müde gewordene Prostata auströpfelt. Das war nur die erste Nummer. Keine Angst, das kommt noch schlimmer. Und: Danke schön, wir wissen zwar nicht genau, wo wir und wie wir hier hergekommen sind, und ob wir jemals wieder nach Hause zurückfinden, aber: Es geht uns gut!

Nach drei EPs, den Alben The Beta Band und zuletzt dem katastrophal-fantastischen Meisterwerk Hot Shots II aus 2001, das ganz jener Form des milden Wahnsinnes verpflichtet war, dem auch Radiohead einmal anheim fallen hätten können, wenn sie lustigere Drogen nehmen würden, sagen die vier Verrückten auch dieses Mal wieder ja zum Auswandern ins Weltall. Immerhin beschwört man jetzt in einem aktuellen Lied nicht nur das wunderbare schwere- und deshalb folgenlose Leben als Space Beatle . Zu fröhlich den Jesus als Spacelord auf Mondbasis Alpha anwimmernder und gelegentlich fleischlichere Abstecher in Zärtliche Cousinen -Soundtracks machender Orgel, zu flirrenden Raumschiff Orion -Soundskulpturen mit psychedelischer TripHop-Erdung und mit Marimbas und afrikanischen Handtrommeln gebastelten Lobliedern auf die sympathische Pflanze Rhododendron gesellen sich noch allerlei Jenseitigkeiten aus dem Bereich der offenen Psychiatrie für zerebral geschädigte Acid-Fresser: nachttrunkene Loblieder auf den Sternenstaub vom Sandmann. Hundegebell, Computerspiel-Lärm, das Rattern der britischen Eisenbahn. Auto- und Flugzeuglärm. Ein Hörspiel namens Out-Side . Ein richtig schön deppert zwischen Gruftie-Samples von Robert Smith und The Cure und Drum'n'Bass für Malen-nach-Zahlen-Künstler knatternder ornithologischer Entdeckungsbericht: Liquid Bird . Flüssig oder nicht, schwerer Vogel auf alle Fälle. Diese Platte ist fantastisch! Musik für junge Männer mit Matura in Independent Rock. Frauen werden das unfassbar abgrundtief hassen. Christian Schachinger, DER STANDARD, Printausgabe, rondo, 7.5.2004)