Foto: Vox
Kommenden Dienstag startet die preisgekrönte Bestattungsserie "Six Feet Under". Endlich ist auch hierzulande zu sehen, worum sich im Leben letztlich alles dreht: Um den Tod und die Angst davor.

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Vor einem Jahr, als der Bezahlsender Premiere erstmals Six Feet Under zeigte, bat DER STANDARD den Wiener Zeremonienmeister Josef Schirmböck zur gemeinsamen Ansicht und bat ihn um sein fachkundiges Urteil. Es war niederschmetternd: "Aus meiner Sicht unnötig, billiger Schund wie alles andere." (siehe dazu: "Bei jedem mitsterben geht nicht").

Ein Jahr später - und weil Six Feet Under kommenden Dienstag um 22.15 Uhr auf Vox startet - kann man endlich auch offiziell sagen: Zeremonienmeister Schirmböck irrte gewaltig. Die Serie um die Geschicke der Totengräberfamilie Fisher ist zweifellos das beste im Fernsehen, seit den Sopranos.

Six Feet Under bedeutet so viel wie "sechs Fuß unter der Erde" und meint die vorgeschriebene Tiefe für Beerdigungen. Jede Folge beginnt mit einem Unglück, zum Einstieg trifft es das eigene Familienoberhaupt. In einem der skurrilsten Todesfälle der Fernsehgeschichte wird der tiefere Sinn von Warnungen auf Zigarettenpackungen verdeutlicht: Rauchen kann tatsächlich tödlich sein.

"Krisensicher"

Zurück bleibt eine geschockte, aber keinesfalls erstarrte Gemeinde von Hinterbliebenen. Die ernste Ehefrau Ruth betrog ihren Gatten schon zu Lebzeiten, der redliche Sohn und logische Unternehmensnachfolger David verheimlicht seine Liebe zu einem Polizisten. Sein Bruder Nate schleppt bei der Anreise zum Begräbnis eine Zufallsbekanntschaft in die Flugzeugtoilette ab und Schwester Claire weiß im Teeniealter mit Drogen gut bescheid.

Sicher ist nur der Tod, die Erkenntnis dazu bestimmt das Leben. Nach "Sex and the City" und "The Sopranos" ist der amerikanische Bezahlsender HBO endlich dort angelangt, wo es nichts zu verheimlichen gibt. Und manche können davon eben auch ganz gut leben. Bestattungsunternehmen sind, sagt David, "keine schlechte Branche. Krisensicher."

Und erfolgreich obendrein: In Amerika beginnt Mitte Juni die vierte Staffel, die Serie erreicht Spitzenquoten und hält bei sieben Emmys und drei Golden Globes. In Österreich ist man zaghaft: Der ORF hält seine Zuseher hin, zuletzt hieß es "nicht vor Herbst" und dann im Rahmen der "Donnerstag-Nacht"-Leiste, also spätabends. Auch Vox zeigt nur den Pilotfilm kommenden Dienstag um 22.15 Uhr, die Folgen danach um 23.15 Uhr.

Die Sender sind nach den Flops von "24" oder "Alias" und "Dark Angel" - in den USA allesamt große Erfolge - vorsichtig geworden. Längst sind hohe Einschaltquoten drüben nicht gleichzeitig Garanten für ebensolche hüben.

Massives Mahagoni

Möglicherweise eine krasse Fehleinschätzung. Der Tod ist in "Six Feet Under" so unmittelbar und allgegenwärtig, und gleichzeitig völkerübergreifend makaber: ob es einzubalsamierende Leichname mit fehlenden Körperteilen sind, oder viel lebendiger der (un)tote, stets als mahnendes Gewissen zur Seite stehende Patriarch. Oder beim schlichten Verkaufsgespräch: "Massives Mahagoni, handpoliert mit Wurzelholzintarsien, wie man sie in luxuriösen Sportwagen findet. Es ist mehr als nur ein Sarg. Es ist mehr eine Würdigung." Kostenpunkt: 9000 Dollar.

Sorgsam entwickelte Figuren, rabenschwarz erzählte Geschichten, hervorragende Schauspieler (Frances Conroy, Peter Krause, Michael C. Hall, Lauren Ambrose) und mit Alan Ball ein Regisseur, der nach American Beauty das Handwerk der Satire aus dem effeff beherrscht: "Six Feet Under" gehört in Qualität und Bedeutung schon jetzt zweifellos zu den besten TV-Serien des Jahrzehnts. (Doris Priesching/DER STANDARD; Printausgabe, 8./9.5.2004)