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US-Verteidigungsminister Rumsfeld übernimmt die politische Verantwortung für die Misshandlung von Häftlingen im Irak und kündigt die Bildung einer Untersuchungskommission an.

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Demonstranten bezeichnen Rumsfeld bei dem Hearing vor dem US-Senat als "Kriegsverbrecher" und fordern seinen Rücktritt.

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Washington - Auf massiven öffentlichen Druck hat US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld persönlich die Verantwortung für die Misshandlungen irakischer Gefangener durch die US-Armee übernommen. Vor dem Streitkräfteausschuss des US-Senats sprach der Pentagon-Chef den Opfern der Misshandlungen am Freitag seine "tiefe Entschuldigung" aus und stellte ihnen eine "angemessene Entschädigung" in Aussicht. Zugleich kündigte er eine unabhängige Untersuchung der laufenden Ermittlungen an.

Die Vereinigten Staaten hätten die Verpflichtung, Gefangene in ihrem Gewahrsam korrekt zu behandeln, sagte der Pentagon-Chef bei der mit Spannung erwarteten Anhörung unter Eid. "Wir haben das nicht getan und das war falsch". Er fühle sich schrecklich angesichts dessen, "was diesen Gefangenen angetan wurde".

Die Misshandlung der Gefangenen sei eine "Katastrophe", sagte Rumsfeld. Er übernehme die volle politische Verantwortung. Das beinhalte auch, dass die direkt Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen und dass unverzüglich Konsequenzen gezogen würden, damit so etwas nie wieder geschehen könne. Die Regeln und Vorschriften für die Militärgefängnisse würden überprüft und geändert.

Die laufenden Untersuchungen zu den Gewalttaten in irakischen Gefängnissen sollten von früheren ranghohen Regierungsvertretern überprüft und gegebenfalls ausgeweitet werden. Die Ermittler, die mit sofortiger Wirkung ihre Arbeit aufnehmen sollten, sollten ihre Erkenntnisse binnen 45 Tagen veröffentlichen, verkündete Rumsfeld.

Der Verteidigungsminister bezeichnete es als seinen Fehler, dass er US-Präsident George W. Bush sowie den Kongress nicht rechtzeitig über das Ausmaß des Skandals informiert habe. Er habe unterschätzt, wie wichtig es sei, "eine so schwer wiegende Angelegenheit den höchsten Ebenen" vorzutragen, "einschließlich des Präsidenten und der Mitglieder des Kongresses". Am Mittwoch hatte Bush seinen Verteidigungsminister gerügt, weil dieser ihn nicht früher und umfassender über die Missbrauchsfälle unterrichtet habe.

Der republikanische Ausschussvorsitzende John Warner nannte die Misshandlung von Gefangenen in Irak einen "entsetzlichen und völlig unakzeptablen Bruch der militärischen Verhaltensregeln". Das Komitee müsse in Erfahrung bringen, "wer was wann gewusst hat, was unternommen wurde und warum Kongressmitglieder nicht ordnungsgemäß und ausreichend informiert wurden".

Der Vorsitzende der Demokraten in dem Gremium, Carl Levin, äußerte die Befürchtung, dass durch derartige Gewalttaten der Hass auf die Besatzer weiter geschürt werde.

Rumsfeld wurde in seinen Ausführungen von Demonstranten unterbrochen, die ihn in Sprechchören als "Kriegsverbrecher" beschimpften und seinen Rücktritt forderten. Sie riefen: "Feuert Rumsfeld", bevor sie aus dem Saal geführt wurden.

Neben Rumsfeld wurden auch US-Generalstabschef Richard Myers und andere hohe Pentagon-Vertreter einvernommen.

Bush hatte bereits am Donnerstagabend bei einer Pressekonferenz mit dem jordanischen König Abdullah eine Entschuldigung entboten: "Die Demütigungen, die die irakischen Gefangenen und deren Familien erlitten haben, tun mir Leid", sagte er.

Das Pentagon hatte vor zwei Monaten einen Bericht über Misshandlungen von Gefangenen im Irak vorgelegt. Öffentlich bekannt wurden die Vorgänge aber erst, als der US-Sender CBS am Mittwoch vergangener Woche die ersten Aufnahmen aus dem Gefängnis Abu Ghoreib (Abu Ghraib) ausstrahlte. Der US-Zivilverwalter im Irak, Paul Bremer, erfuhr nach Angaben seines Sprechers im Jänner von Misshandlungen irakischer Gefangener durch amerikanische Soldaten.

Rumsfeld war in den vergangenen Tagen mit Rücktrittsforderungen aus den Reihen der oppositionellen Demokraten konfrontiert worden. Am Freitag verlangte auch die einflussreiche US-Tageszeitung "Washington Post" seine Demission. Bush hatte seinen Minister ermahnt, Rufe nach einem Rücktritt Rumsfelds aber zurückgewiesen. "Er ist ein wichtiger Teil meines Kabinetts, und er wird in meinem Kabinett bleiben", sagte er. (APA/dpa/AP/Reuters)