Washington/Bagdad - Der unter massiven Druck geratene US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld musste sich am Freitag vor dem Kongress in Washington wegen der Vorwürfe der Misshandlung irakischer Gefangener durch US-Soldaten verantworten. Vor der Anhörung vor den Streitkräfteausschüssen von Senat und Repräsentantenhaus forderten zahlreiche Oppositionspolitiker den Rücktritt des Ministers. Der demokratische Abgeordnete Charles Rangel aus New York ging noch einen Schritt weiter und rief zum Impeachment auf.

Rumsfeld will wegen des Skandals in US-Militärgefängnissen nicht zurücktreten. Er habe aber in den vergangenen Tagen "mehr als einmal darüber nachgedacht" sagte Rumsfeld am Freitag vor dem Streitkräfteausschuss des Senats in Washington. Er würde sofort zurücktreten, wenn er das Gefühl hätte, er könne seiner Aufgabe nicht mehr effektiv nachkommen.

Er werde aber den parteipolitisch motivierten Rücktrittsforderungen nicht nachkommen, sagte Rumsfeld.

Rumsfeld wird die Vertuschung der Misshandlungsvorwürfe zur Last gelegt. Vertreter des Präsidialamts in Washington beteuerten, ein Rücktritt Rumsfelds stehe nicht zur Debatte, US-Präsident George Bush hatte am Donnerstag gesagt, Rumsfeld werde im Kabinett verbleiben.

Der demokratische Präsidentschaftsanwärter Senator John Kerry sagte, der Misshandlungsskandal zeige, dass Rumsfeld nicht mehr haltbar sei. Auch die demokratische Fraktionschefin im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, forderte den Rücktritt: "Herr Rumsfeld hat von Anfang an versucht, die Sache zu vertuschen." Senator Ted Kennedy (D) machte indessen Rumsfelds politische Zukunft von dessen Aussagen abhängig.

Republikanische Abgeordnete wiesen derartige Forderungen zurück. "Dafür ist es zu früh, viel zu früh", sagte der republikanische Senator John McCain. Der Republikaner John Warner, Vorsitzender des Streitkräfteausschusses, sagte, bisher habe er das Vertrauen in Rumsfeld nicht verloren. Der republikanische Fraktionsführer im Repräsentantenhaus, Tom DeLay, warf den Kritikern Rumsfelds vor, sie richteten mit ihren Rücktrittsforderungen ähnlichen Schaden an wie mit der Erklärung, der Irakkrieg sei nicht zu gewinnen. (Reuters, dpa, AP, AFP/DER STANDARD, Printausgabe, 8./9.5.2004)