Miami - Eine US-Soldatin ist nach Militärangaben wegen Misshandlung irakischer Häftlinge in dem berüchtigten Gefängnis Abu Ghraib bei Bagdad angeklagt worden. Die 21-jährige Lynndie England war auf Fotos zu erkennen, durch deren Veröffentlichung die Misshandlungen weltweit bekannt wurden. Die Bilder hatten die Soldatin unter anderem gezeigt, wie sie einen nackten Gefangenen wie einen Hund an einer Leine hielt. Eine andere, ebenfalls auf den Fotos zu sehende US-Soldatin wurde von der "Washington Post" mit den Worten zitiert, sie hätten den Auftrag gehabt, den irakischen Gefangenen das Leben "zur Hölle" zu machen.

Die Soldatin England sei unter anderem angeklagt wegen Verschwörung zur Misshandlung Gefangener, mehrfacher Körperverletzung und Verstoßes gegen Ordnung und Disziplin, teilten Vertreter des Militärstützpunktes in Fort Bragg in North Carolina mit. Dorthin war die Soldatin nach ihrem Einsatz im Irak beordert worden. England gehört der 372. Kompanie der Militärpolizei an. Sie befindet sich nach Militärangaben nicht in Gewahrsam und leistet ihren Dienst in dem Stützpunkt. Sollte sie von einem Militärtribunal schuldig gesprochen werden, drohen ihr neben einer Rüge eine Geldstrafe, Soldeinbußen und Arrest.

Die Militärpolizistin Sabrina Harman schrieb der "Washington Post" per E-Mail, die Häftlinge seien ihrer Gruppe von Angehörigen des Militärgeheimdienstes oder von zivilen Verhörspezialisten mit der Vorgabe übergeben worden, sie für die Verhöre "weich zu machen". Sie seien schon mit Kapuzen und gefesselt zur Militärpolizei gebracht worden.

"Die Aufgabe der MP (Militärpolizei) war es, sie wach zu halten, ihnen die Hölle zu bereiten, um sie zum Sprechen zu bringen", schrieb Harman. Die Gefangene in Abu Ghoreib seien ausgezogen und durchsucht wurden und "mussten dann stundenlang stehen oder knien". Manchmal seien sie gezwungen worden, auf Kisten zu stehen, Kisten zu halten oder Übungen zu machen, damit sie ermüden. Die Person, die sie gebracht habe, habe auch angeordnet, ob man zu den Gefangenen "nett sein" sollte oder nicht. Harman ist laut "Washington Post" auf einem Foto mit nackten Häftlingen zu sehen, die sich zu einer Pyramide auftürmen mussten.

Das Rote Kreuz widersprach US-Darstellungen, dass es sich bei den bekannt gewordenen Misshandlungen um "Einzelfälle" gehandelt habe. Sie seien so weit verbreitet, dass sie möglicherweise von der Besatzungsarmee geduldet worden seien, heißt es in einem Bericht des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK). Die Vorfälle von Misshandlungen gingen weit über Ausnahmefälle hinaus. Das lege den Schluss nahe, dass es sich um eine "tolerierte Praxis" der US-geführten Besatzerkoalition im Irak handle. (APA/Reuters)