Ein halbes Jahr lag der "Syrian Accountability Act" auf seinem Schreibtisch, am Dienstag schritt US-Präsident George Bush zur mutigen Tat und wählte aus einem Repertoire von Möglichkeiten Sanktionen gegen Syrien aus. Nun ließen sich unter normalen Umständen treffliche Überlegungen über Sinn und Unsinn solcher Maßnahmen anstellen - und wenn man zum Schluss kommt, die Sanktionen seien in diesem Fall sinnvoll, darüber, gegen welche Länder die USA sie noch verhängen könnten und warum sie dies nicht tun. Aber es sind eben keine normalen Umstände. Wenn heute ein Sprecher des Weißen Hauses vor die Welt hintritt und sagt: "Wir wollen, dass das Land X sein Verhalten ändert", dann wird ihm lautstark entgegenschallen: Das hätten wir von euch auch ganz gerne.

Insofern ist der Zeitpunkt - nie war die arabische Welt so aufgebracht gegen die USA wie heute - wieder einmal ein diplomatisches Meisterwerk. Aber außer dass die vom Kongress gegebene Frist für die Definition der Sanktionen ablief, musste Bush wohl wieder einmal agieren in einer Zeit, wo er nur hinter den Ereignissen herhechelt. Die Syrien-Sanktionen werden, so sehr sie die arabische Welt verärgern, auch die Vertreter einer harten Linie gegen Syrien nicht wirklich befriedigen, dazu sind sie zu sanft: So sind etwa die für Syrien entscheidenden Geschäftsbereiche Telekommunikation und Flugzeugersatzteile ausgenommen. Aus Bushs Maßnahmen ist deutlich herauszulesen, dass er keine Freude mit dem "Act" hat - wie ja seine Öl-Community nie Freude mit Sanktionen hat. Gerade vor dem Irakkrieg hatte Syrien überdurchschnittlich viel Öl in die USA verkauft.

Die halbgare Sache bestätigt aber noch etwas: das Hin und Her, das Bush zwischen Israel und der arabischen Welt fährt. Zuerst grünes Licht für Ariel Sharon, dann eine Beruhigungspille für die Palästinenser, jetzt eben wieder etwas, was Israel - wenn auch die kleinstmögliche - Freude machen könnte. (DER STANDARD, Printausgabe, 13.5.2004)