Worum geht es eigentlich bei der EU-Wahl? Glaubt man den Plakaten und Wahlaufrufen, dann wohl vor allem darum, dass die EU-Abgeordneten zu viel verdienen - und dass wir bitte neue wählen sollen, damit die dann weniger kassieren. Dagegen spricht, dass mit wenigen Ausnahmen genau jene Leute auf den Listen stehen, die bisher schon (vielleicht mit schlechtem Gewissen, das kann man nicht so genau sagen) die von den Wählern als zu üppig empfundenen EU-Bezüge eingestreift haben. Als zweites Thema zeichnet sich ab, dass alle Parteien meinen, dass die Türkei nicht, jetzt nicht, nicht so bald oder allenfalls in ferner Zukunft in die EU soll.

Und damit endet die europapolitische Vision bereits. Da plakatiert die ÖVP, sie werde Österreich "stark vertreten". Und die SPÖ, dass Österreich wieder gehört werden müsse - so als ob die EU-Wahl unserem Land mehr Gehör verschaffen könnte. Kann sie nicht, im Gegenteil: Im EU-Parlament werden weniger Österreicher sitzen als bisher, und sie werden angesichts der Erweiterung des Parlaments um die Abgeordneten aus den neuen Ländern Österreich relativ weniger "stark vertreten" als bisher.

Hier wird gezielt Volksverdummung betrieben. Bei der EU- Wahl geht es ausschließlich um die Richtung, in die ganz Europa sich bewegen soll: Es kann grüner oder rechter, christlich-sozialer oder sozialdemokratischer werden. Österreichischer kann es nicht werden.

Das hatten die Parteien vor fünf Jahren schon verstanden. Damals plakatierte etwa die SPÖ ihren damaligen Vorsitzenden im Kreis seiner Kollegen Gerhard Schröder und Tony Blair. Die ÖVP konterte "Rotes Europa=Schwacher Euro". Selbst die FPÖ versprach "Kontrolle für Europa". Inzwischen sind sie alle thematisch wieder in der österreichischen Provinz gelandet. (DER STANDARD, Printausgabe, 13.5.2004)