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Der indische Ministerpräsident Atal Behari Vajpayee machte seine Ankündigung wahr, bei einer Wahlniederlage zurückzutreten.

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Freude bei Sonia Gandhi.

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Siegeszug der Kongresspartei

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Voller Selbstvertrauen zog Premier Vajpayee die Parlamentswahlen um sechs Monate vor. "Indien glänzt" war sein Slogan. Am Donnerstag wurde ausgezählt: Sonia Gandhis Kongresspartei gelang eine fulminante Rückkehr an die Macht.

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Neu-Delhi - Überraschend hat das Bündnis der oppositionellen Kongresspartei unter Sonia Gandhi die Parlamentswahlen in Indien gewonnen. Noch vor Auszählung aller Stimmen räumte die nationalistische Hindu-Partei BJP am Donnerstag ihre Niederlage ein und kündigte an, in die Opposition zu gehen. Der 79-jährige Premier Atal Behari Vajpayee reichte am Abend bei Staatspräsident Abdul Kalam seinen Rücktritt ein.

Führende Vertreter der Kongresspartei sprachen sich sogleich für Sonia Gandhi als neue Regierungschefin aus. Wegen ihrer italienischen Herkunft ist ihre Kandidatur für das Amt jedoch nicht unumstritten. Die Kongresspartei und ihre Verbündeten - die Tamilen-Partei DMK, die sozialistische Rashtriya Janata Dal und die Kommunisten - sie erzielten ihr seit langem bestes Ergebnis bei nationalen Wahlen - sicherten sich eine Mehrheit der 543 Sitze im Unterhaus.

Wochenlange Wahl

Die Wahl in der bevölkerungsreichsten Demokratie der Welt wurde aus organisatorischen Gründen über mehrere Wochen an fünf verschiedenen Tagen abgehalten. Nur etwas mehr als die Hälfte der 671 Millionen Wahlberechtigten - rund 55 Prozent - beteiligten sich an der Abstimmung. Erstmals aber wurde die Wahl vollelektronisch durchgeführt. Mehr als eine Million Wahlmaschinen wurden aufgestellt, die Auszählung verkürzte sich damit am Ende auf wenige Stunden.

Die Armen waren es nach Auffassung des Politikwissenschafters Pran Chopra, die der Regierung einen Denkzettel verpassten. Zwei Drittel der Inder, die Masse der Wähler, leben unter teils erdrückenden Bedingungen von der Landwirtschaft. Sie profitieren nicht vom achtprozentigen Wirtschaftswachstum oder den mittlerweile mehr als 100 Milliarden Dollar an Devisenreserven. Auch die von Vajpayee zuletzt betriebene Entspannung gegenüber Pakistan wog angesichts ihrer alltäglichen Probleme nicht viel. Trotz Vajpayees Popularität konnte die BJP zudem wegen ihrer langjährigen Unterstützung hinduistischer Fundamentalisten kaum auf Stimmen der muslimischen Minderheit hoffen.

Reaktionen an der Börse

Die Börse in Bombay fiel nach der Öffnung zunächst um vier Prozentpunkte, schloss jedoch am Ende mit einem halben Prozent plus. Die Furcht vor einem Patt im neuen Parlament sei angesichts der Größe von Gandhis Sieg schnell gewichen, erklärte ein Analyst. "Dem Markt ist es im Grunde gleichgültig, wer die Regierung bildet, die BJP oder die Kongresspartei, solange die Regierung stabil ist und nicht nach sechs Monaten gleich wieder aufgelöst wird." (Reuters, AFP, dpa, DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 14.5.2004)