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US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld im Foltergefängnis Abu Ghraib

Foto: Reuters/David Hume Kennerly
Washington/Bagdad/Genf/Abu Ghraib - US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld ist am Donnerstag inmitten des Skandals um die Folter von Gefangenen durch US-Soldaten überraschend in den Irak gereist und hat das Gefängnis Abu Ghraib bei Bagdad besucht. Dort hatten US-Soldaten irakische Gefangene misshandelt. "Wir haben uns gesagt, dass es richtig ist, hierher zu kommen und euch in die Augen zu sehen", sagte Rumsfeld vor US-Soldaten im Gefängnis.

Rumsfeld flog mit dem Hubschrauber zu dem Gefängnis Abu Ghraib. Während des halbstündigen Besuches fuhr der Pentagon-Chef in einem gepanzerten Bus über das Gelände. Die meisten der rund 3000 Gefangenen zeigten sich teilnahmslos. Einige reckten die Faust in Rumsfelds Richtung oder zeigten ihm den nach unten gesenkten Daumen.

"In den vergangenen Monaten geschahen Dinge auf diesem Stützpunkt in unserer Verantwortung, und es war Schlag für uns alle", sagte Rumsfeld vor den US-Soldaten. "Lasst euch von niemandem sagen, dass Amerika das ist, was mit der Welt falsch läuft, denn es ist nicht so. Wir werden diese harte Zeit überstehen, daran gibt es keinen Zweifel."

Auf seinem Flug nach Bagdad hatte Rumsfeld Journalisten seine Absichten mit dem Irak-Besuch erläutert: "Wenn irgendjemand denkt, ich sei (im Irak), um Wasser auf ein Feuer zu gießen, dann irrt er. Wir kümmern uns darum, dass die Gefangenen korrekt behandelt werden. Wir kümmern uns darum, dass die Soldaten sich korrekt verhalten. Wir kümmern uns darum, dass die Befehlskette funktioniert." In Verteidigungskreisen hieß es, mit dem Besuch reagiere Rumsfeld auf die Veröffentlichung von Fotos, auf denen Misshandlungen in Abu Ghraib zu sehen waren. Durch den Skandal haben die USA, die Ende Juni die Macht an die Iraker übergeben wollen, an Renommee eingebüßt.

Rumsfeld will neue Folterbilder nicht veröffentlichen

Zuvor hatte Rumsfeld erklärt, dass die neuen Folterbilder aus dem Irak nicht veröffentlicht werden. Er persönlich sei dafür, doch gebe es in den Rechtsabteilungen im Pentagon niemanden, der dies empfehle, sagte Rumsfeld am Donnerstag während seines Überraschungsbesuchs in Bagdad. US-Fernsehsender strahlten Bilder von Rumsfelds Stellungnahme aus.

"Ich hätte nichts dagegen, die Bilder alle zu veröffentlichen, damit wir das hinter uns bringen", sagte Rumsfeld. Es gebe jedoch Einwände, weil die Privatsphäre der darauf zu sehenden Gefangenen verletzt werde. Das Pentagon wolle keine Bilder veröffentlichen, auf denen Gefangene gedemütigt werden. Außerdem seien unter den mehr als 1000 Bildern in Pentagon-Besitz solche, auf denen keine Gefangenen zu sehen seien. Damit werde die Privatsphäre der zu sehenden US-Soldaten verletzt. Rumsfeld geht nach eigenen Angaben davon aus, dass weitere Bilder existieren.

US-Regierung innenpolitisch unter Druck

Die US-Regierung steht wegen der Foltervorwürfe auch innenpolitisch unter immensem Druck. Die oppositionellen Demokraten werfen insbesondere Rumsfeld vor, Informationen über den Skandal verheimlicht zu haben, und fordern seinen Rücktritt. Präsident George W. Bush, der bei der Gunst der Wähler weiter verlor und im November wiedergewählt werden will, hat seinem Verteidigungsminister aber wiederholt öffentlich den Rücken gestärkt.

Der demokratische Senator Edward Kennedy sagte, Rumsfelds Irak-Besuch komme zu spät, um noch irgendetwas zu ändern. "Diese Reise hätte im Januar stattfinden müssen, als (Vize-Verteidigungsminister) Paul Wolfowitz vom Roten Kreuz informiert wurde", sagte Kennedy im Fernsehsender NBC. "Als Ergebnis dieser schrecklichen Politik in den Gefängnissen sind wir die am meisten gehasste Nation der Welt."

Von Generalstabschef Myers begleitet

Rumsfeld wurde von Generalstabschef Richard Myers begleitet. "Dies ist eine schreckliche Tragödie", sagte Myers mit Blick auf die zahlreichen Fotos von Misshandlungen. "Wir werden nie sagen, dass das nicht so ist."

Rumsfeld traf in Bagdad mit US-Generalmajor Geoffrey Miller zusammen, der die von den USA geführten Gefängnisse im Irak reformieren soll. "Ich bin absolut überzeugt, dass wir die Grundlage gelegt haben, wie man Personen auf menschliche Art und Weise gefangen hält", sagte Miller. "Und das ist unmissverständlich." Er habe die Verwaltung des Gefängnisses Abu Ghraib komplett neu organisiert, zum Teil durch eine Trennung der Einheiten, die für die Inhaftierung verantwortlich sind von denen, die die Gefangenen verhören.

Nach den Worten des französischen Außenministers Michel Barnier gerät die Lage im Irak zunehmend außer Kontrolle. Die jüngsten Vorkommnisse würden den Eindruck einer "vollkommenen Orientierungslosigkeit" verstärken, sagte Barnier am Donnerstag in einem Interview der Pariser Zeitung "Le Monde". Barnier wird am Freitag zu Gesprächen mit Vertretern der US-Regierung in Washington erwartet. Er forderte die USA auf, die volle Souveränität an die Iraker zu übertragen. (APA/dpa/Reuters/red)