Bild nicht mehr verfügbar.

Jesus Gil

Foto: APA/EPA
Madrid - Er wechselte die Trainer beinahe wie seine Hemden, er hielt die Gerichte in Atem, aber er rieb sich auch selbst auf. Am Freitag ist der Ex-Präsident des spanischen Traditionsklubs Atletico Madrid, Jesus Gil y Gil, im Alter von 71 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls gestorben, den er in der vergangenen Woche erlitten hatte.

Für den Verein alles geopfert

16 Jahre lang hatte der schwergewichtige Bauunternehmer an der Spitze des drittgrößten Vereins in Spanien gestanden und sich in dieser Zeit den Ruf des "schrägsten Klubchefs des Weltfußballs" erworben. Bei seinem Rücktritt vor einem Jahr sagte er verbittert: "Ich habe für diesen Verein alles geopfert, mein Vermögen, meine Gesundheit und meine Freiheit. Aber als Lohn habe ich nichts als Beschimpfungen und Kritik geerntet."

Gil selbst war allerdings im Umgang mit anderen auch nicht zimperlich. Er zerschliss in seiner Amtszeit 28 Trainer, der eine oder andere durfte allerdings mehrmals antreten. Mit Gerhard Rodax (90/91) stürmte auch ein Österreicher für die Rot-Blau-Weißen. Gil beschimpfte seine Spieler nach Niederlagen zuweilen als "Hurensöhne" und Staatsanwälte, die gegen ihn ermittelten, als "schwule Böcke".

Höhen und Tiefen

Der größte sportliche Erfolg seiner Amtszeit war 1996 der Gewinn des Doubles von Meisterschaft und Pokal, der in seiner Ära noch zwei Mal erobert wurde. 2000 musste der Klub zum ersten Mal nach 66 Jahren absteigen und war zwei Jahre später rechtzeitig zum 100 Jahr-Jubiläum wieder erstklassig.

Als Gil 1987 bei "Atleti" die Führung übernahm, stand der Verein am Rand der Pleite. Vom Fußball verstand der neue Vereinsboss damals wenig, aber er versprach sich von dem Posten soziale Anerkennung. Anfang der 70er Jahre hatte er im Gefängnis gesessen, weil ein von ihm errichtetes Gebäude wegen Pfuscherei eingestürzt war und 58 Menschen in den Tod gerissen hatte. Nach 18 Monaten wurde Gil vom Diktator Francisco Franco begnadigt.

Die drei Reiche

Aber auch später kam der hemdsärmlige Selfmademan mit dem Gesetz immer wieder in Konflikt, denn er verstrickte sich in ein dunkles Gestrüpp zweifelhafter Geschäfte. Zeitweilig waren gegen ihn bei den Gerichten über 80 Verfahren anhängig. Der Vereinschef, eine "Mischung von Caligula und Sancho Pansa", herrschte teils im Stile eines Diktators und teils mit schelmischer Naivität über drei "Reiche" zugleich: Er war der Chef des neunfachen spanischen Meisters (einen holte 1973 der Klub mit Trainer Max Merkel, der 1972 auch im Cup erfolgreich war), er regierte als Bürgermeister über den mondänen Badeort Marbella, und er führte ein Imperium von Bau- und Immobilienfirmen.

In den 90er Jahren sorgte Gil auch in der Politik für Furore. Er gründete eine Partei, die so wie er selbst "GIL" hieß. Das stand für Unabgängige Liberale Gruppe. Damit eroberte er immer mehr Rathäuser an der Costa del Sol. Sein Erfolgsrezept ließ sich in drei Worten zusammenfassen: Sauberkeit, Sicherheit und Investitionen. In seiner "Modellstadt" Marbella ließ er den Schmutz von den Straßen verschwinden, verdoppelte die Zahl der Polizisten und vertrieb Drogenabhängige und Kleinkriminelle mit rüden Methoden. Zugleich bescherte er der Stadt einen einzigartigen Bau-Boom.

Da Gil es mit Bebauungsplänen und der Haushaltsführung nicht immer genau nahm, musste er schließlich sein Amt als Bürgermeister abtreten. Damit zerfiel auch seine Partei. Vor einem Jahr trat er obendrein als Atletico-Präsident zurück, blieb aber Mehrheitsaktionär des Vereins.

Das Begräbnis ist schon für Samstag (17 Uhr) auf dem Almudena-Friedhof in Madrid angesetzt. Der Tote wird in eine Atletico-Fahne gehüllt (wie es sein Wunsch war) beerdigt werden. Das Meisterschaftsmatch von Atletico gegen Saragossa wurde von Samstag auf Sonntag verschoben. (APA/dpa/Reuters)