Die ÖVP-Arbeitnehmer wollen nach der Schlappe bei den AK-Wahlen eine Kursänderung

montage: derStandard.at
Triumphstimmung bei den SP-Gewerkschaftern, Katzenjammer in der Volkspartei und Trauer bei der FPÖ, die bei der Arbeiterkammerwahl geradezu halbiert worden ist: Die Koalition will ihre Arbeit nun "besser verkaufen", die SPÖ will sie nicht mehr dazu kommen lassen.

* * *

Wien - Zu beschönigen gibt es für Werner Amon nichts: "Man kann es so interpretieren, dass die ÖVP abgestraft wurde", sagt der Generalsekretär des ÖVP-Arbeitnehmerbundes ÖAAB - und er lässt im Gespräch mit dem STANDARD auch keinen Zweifel, dass das seine eigene Interpretation ist.

Der ÖVP-Arbeitnehmerbund ÖAAB hat bei der AK-Wahl österreichweit 2,4 Prozent verloren und hält nun 23,7 Prozent - was ihn nicht nur in der Kammer, sondern möglicherweise auch innerparteilich schwächt. Amon verlangt nun eine Änderung des Kurses der ÖVP: "Was falsch ist, ist, dass wir zu wenig die soziale Dimension in den Mittelpunkt rücken", kritisiert Amon den Stil der Regierung Schüssel: "Wir werden zu stark als Wirtschaftspartei sichtbar." Die Einschnitte im Sozialsystem habe es aber nicht der Wirtschaft zuliebe gegeben, sondern "weil wir den Sozialstaat erhalten wollen".

Allgemein verstanden wurde es allerdings im Gegenteil als "Angriff auf den Sozialstaat - es darf nicht der Eindruck entstehen, dass uns Einschnitte oder Veränderungen unbedingt Freude bereiten oder wir das aus Jux und Tollerei tun". Nun müsse die ÖVP zu ihren Wurzeln als "soziale Integrationspartei" zurückfinden, "oder man wird sicherlich öffentlich heftigere Debatten haben".

Amon sieht - wie es auch Niederösterreichs Landeschef Erwin Pröll in einem STANDARD-Interview im Winter kritisiert hatte - vor allem Vermarktungsprobleme. So habe es massiv geschadet, dass die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge für Pensionisten mit einer Hauruckaktion beantwortet worden ist: "So zu tun, als wäre man beim Stehlen erwischt worden, wie es zwei Landeshauptleute getan haben, das war sicher ein schwerer Fehler."

Noch größer als die Niederlage der ÖVP ist jene der FPÖ: Und auch für den stellvertretenden FPÖ-Bundesobmann und Arbeitnehmervertreter Max Walch steht hinter den hohen Verlusten der Freiheitlichen Arbeitnehmer (minus 4,8 Prozent bedeuten eine Halbierung) vor allem ein Marketingproblem: "Es ist traurig. Es gibt so viele Erfolge bei uns, die dank der Freiheitlichen in der Regierung durchgesetzt worden sind."

Die SPÖ-Gewerkschafter, die 5,9 Prozentpunkte gewonnen haben, sehen sich nun in Sachen Pensionsharmonisierung und Gesundheitsreform gestärkt. Für FSG-Vorsitzenden Rudolf Nürnberger haben die Arbeitnehmer "deutlich gemacht, dass sie diese arbeitnehmerfeindliche und unternehmerfreundliche Politik, die in diesem Land seit vier Jahren vorherrscht, entschieden ablehnen". SPÖ-Parteichef Alfred Gusenbauer sprach von einem "Denkzettel". Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos sieht eine "beginnende Rebellion" in der ÖVP. (DER STANDARD, Printausgabe 17.5.2004)