Eintrittszeit Wien: 7 Uhr 19 Min. 53 Sek. Austrittszeit Wien: 13 Uhr 23 Min. 00 Sek. Wer am 8. Juni 2004 keine Gelegenheit zum Blick auf die seltene Konstellation hat - möglich z. B. im Wiener Institut für Astronomie -, bekommt in diesem Leben im Jahr 2012 eine zweite Chance, wenn auch in Amerika. Denn das Phänomen Venustransit tritt immer im "Doppelpack" mit einem Abstand von acht Jahren auf. Danach ist aber für fast ein Viertel Jahrtausend wieder Schluss: Erst 2247 bzw. 2255 wird es wieder zum Transit-Schauspiel in Mitteleuropa kommen.

Der optische Effekt ist nicht so spektakulär wie die totale Finsternis 1999, als der Mondschatten Teile Österreichs total verfinsterte. Denn die von der Erde viel weiter entfernte Venus (diesfalls ca. 45 Millionen Kilometer) wirft nur einen kleinen Schatten auf uns. Ein die Sonnenscheibe durchwandernder Punkt wird nur mit Sonnenfinsternisbrillen und Instrumenten sichtbar.

Erst dreimal wurde der doppelte Venustransit wissenschaftlich wahrgenommen. Johannes Kepler hatte aufgrund der nach ihm benannten Gesetze für 1631 das Phänomen vorausgesagt. Die Richtigkeit erlebte er nicht mehr. Acht Jahre später errechnete der englische Astronom Jeremiah Horrocks aufgrund des Kepler-Modells zwei Tage vor dem Ereignis den nächsten Transit und beobachtete ihn auch. Er verstarb wenige Wochen danach 22-jährig. Hätte er nicht seinen Freund John Crabtree um eine Parallelbeobachtung gebeten, wäre Horrocks Leistung verborgen geblieben.

Bahn berechnen

Die richtige Messung der Venusbahn zwischen Sonne und Erde ermöglichte mithilfe der Trigonometrie (gr. für "Messung von Dreiecken") eine erste Bestimmung der Dimensionen unseres Planetensystems. 1761 wollte auch der Astronomieprofessor Maximillian Hell dieses Rätsel präzis lösen. Er baute seine Beobachtungsgeräte für den Venustransit am Dach der heutigen Akademie der Wissenschaften am Ignaz-Seipel-Platz auf. Das Ergebnis war enttäuschend: Schlechtwetter machte eine Beobachtung unmöglich. Die Wiederholung acht Jahre später brachte den erhofften Erfolg. Sie musste allerdings im heutigen Norwegen stattfinden, denn Kaiserin Maria Theresia hatte für Hells Ambitionen wenig Verständnis. Dieser ermittelte schließlich die Entfernung zwischen Sonne und Erde nahezu richtig - mit heute rund 145 Millionen Kilometern.

Maria Firneis, Professorin am Wiener Uni-Institut für Astronomie, hütet heute sorgsam Hells Originalaufzeichnungen. Sie bezeichnet sich selbst als Finsternisspezialistin. Seit 1966 hat sie weltweit fast keine Sonnenfinsternis versäumt und reist ihnen quer durch die Welt nach. Firneis: "Wir wollen viel mehr, nämlich Planeten jagen." Gemeint sind dabei so genannte Exoplaneten in der Größe der Erde oder der Venus, die in anderen Sonnensystemen um ein Zentralgestirn kreisen. Nur auf Himmelskörpern dieser Größe ist Leben theoretisch möglich. Exakte Helligkeitsmessungen beim Venustransit in unserem Sonnensystem liefern Parameter, um in der Tiefe des Universums mit Satellitenteleskopen nach vergleichbaren Exoplaneten zu suchen.

November 2005 startet übrigens eine europäische Mission zum Morgen- bzw. Abendstern (Namen für die Venus, weil sie morgens und abends zu sehen ist), bei der das Grazer Institut für Weltraumforschung (IWF) der Akademie der Wissenschaften federführend mit dabei ist. Für den "Venus Express" wurde ein Instrument zur Messung des Magnetfeldes in der Umgebung der Planeten entwickelt. (Katharina Giesswein/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17. 5. 2004)