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Der Chef des Staatsschuldenausschusses, Helmut Frisch (re.), will mit einer "Schuldenbremse" Finanzminister Karl-Heinz Grasser an das Nulldefizit erinnern.

Foto: Reuters/HEINZ-PETER BADER
Wien - Finanzminister Karl-Heinz Grasser verfolgt zwei finanzpolitische Ziele: die Senkung der Steuer- und Abgabenquote von derzeit 43,4 auf 40 Prozent bis 2010 und das "Nulldefizit über den Konjunkturzyklus", also Gewinne in guten Jahren in der Höhe der Budgetdefizite in schlechten Jahren.

Um diese Ziele zu erreichen, fehlen der Regierung aus jetziger Sicht allerdings zumindest 8,7 Milliarden Euro, also etwa das dreifache Volumen der "größten Steuerreform der Republik" 2004/2005. Das geht aus Berechnungen des Vorsitzenden des Staatsschuldenausschusses, Helmut Frisch, hervor.

"Unsere Projektionen ergeben eine Abgabenquote von 42 Prozent im Jahre 2010. Um unter 40 Prozent zu kommen, ist ein zusätzlicher Konsolidierungsbedarf von 5,5 Milliarden gegeben," so Frisch im Klub der Wirtschaftspublizisten. Dazu kämen die 3,2 Milliarden, um die das strukturelle Defizit in Folge der zweiten Etappe der Steuerreform wachsen würde.

Nicht einberechnet sind hier noch die Budgetüberschüsse, die der Finanzminister erzielen muss, um um ein über den Konjunkturzyklus ausgeglichenes Budget zu erreichen.

Laut Stabilitätsprogramm verschuldet sich die Republik Österreich in den Jahren 2002 bis 2007 um zusätzliche 14,4 Milliarden Euro, denen ja nach Nulldefizit-politik irgendwann im Zyklus Überschüsse in gleicher Höhe gegenüberstehen müssen.

Schuldenbremse

Staatsschulden-Ausschuss-Vorsitzender Helmut Frisch schlägt eine "Schuldenbremse" für Österreich vor, um den Haushalt in den Griff zu bekommen: Nach diesem Plan soll es zu einer strikten Trennung zwischen strukturellem und konjunkturellem Defizit kommen.

Das strukturelle Defizit ist das Defizit, das unabhängig von der Konjunkturlage durch zu hohe Ausgaben entsteht. Das strukturelle Defizit soll nach den Vorschlägen von Frisch und seiner Arbeitsgruppe in ein Ausgleichskonto ausgebucht werden, um den Konsolidierungsbedarf präzise ermitteln zu können.

Neue Ausgabenwünsche sollen demnach nur erfüllt werden können, wenn das strukturelle Defizit abgebaut wurde. Beim ergänzenden konjunkturellen Defizit sollten die Ausgaben an einen Konjunkturfaktor gebunden werden.

Dieser würde es ermöglichen, in schlechten Zeiten mehr auszugeben, um die Wirtschaft zu unterstützen, und in guten Zeiten weniger, da es dann genügend private Investitionen gebe.

Reformen bei den Gebietskörperschaften

Frisch spricht sich auch für Reformen bei den Gebietskörperschaften aus. So sei das "Auseinanderfallen von Entscheidungs- und Finanzierungsverantwortung" wie bei den Landeslehrern nicht optimal, und auch die Wohnbauförderung, die jährlich ein Prozent des BIP kostet, könnte beispielsweise halbiert werden, um das Budget zu konsolidieren.

Die Steuereinnahmen des Bundes im ersten Quartal 2004 seien "nicht so übel", aber kein Grund zu großer Freude, so Frisch. Die Vergleichbarkeit mit dem ersten Quartal 2003 sei durch Sondereffekte bei Mehrwertsteuer und Einkommensteuer nur begrenzt gegeben.

Stark gestiegen sind allerdings Einnahmen aus der Energieabgabe (+73,9%) und der Mineralölsteuer (+14,1%) durch die hohen Energiepreise. (DER STANDARD Printausgabe, 18.05.2004, Michael Moravec)