Peking - Der chinesische Internet-Autor Du Daobin ist am
Dienstag vor Gericht gestellt worden. Die Anklage vor dem
Volksgericht in Xiaogan in der Provinz Hubei lautete auf
"Untergrabung der Staatsgewalt". Der 39-Jährige hat sich mit seiner
Kritik an der chinesischen Regierung im Internet einen Namen gemacht.
Er hatte sich massiv für die als "Maus aus Edelstahl" bekannte
Studentin Liu Di eingesetzt. Die Autorin war wegen ihrer Schriften im
Internet ein Jahr ohne Anklage in Haft gehalten und erst auf
internationalen Druck hin Ende 2003 freigelassen worden.
Zehntausende von Webseiten blockiert
Der Sprecher des Pekinger Außenministeriums, Liu Jianchao, warf
dem Bürgerrechtsaktivisten vor, seit 2001 finanzielle Hilfe von
Organisationen und Personen im Ausland angenommen zu haben. "Er hat
im Internet einen Artikel veröffentlicht, der den Umsturz der
Regierung als legal bezeichnet." Die Polizei habe Du Daobin am 29.
Oktober vergangenen Jahres festgenommen, sagte Liu. Der Prozess fällt
zeitlich zusammen mit dem Abschluss eines zweitägigen
Rechtsstaatssymposium mit der deutschen Justizministerin Brigitte
Zypries (SPD) in Peking. Die Ministerin will am Mittwoch vor der
Peking-Universität (Beida) zur Freiheit im Internet eine Rede halten:
"Der Staat und das Netz - Aufgaben und Grenzen staatlicher Gestaltung
des Internet." Routinemäßig blockiert China Zehntausende von
Webseiten, darunter die britische BBC.
Einen rasanten Anstieg der Festnahmen von Internet-Dissidenten in
der Volksrepublik China hat die Menschenrechts- und
Gefangenenhilfe-Organisation amnesty international in den vergangenen
eineinhalb Jahren verzeichnet. Die Inhaftierungen erfolgen laut
ai-Bericht überwiegend wegen "Subversion" oder "Gefährdung der
Staatssicherheit", was mit zwei bis zwölf Jahren Haft bestraft wird.
Internetsurfer setzen sich der potenziellen Gefahr der Zwangsarbeit und Haft aus
Nach amtlichen Pekinger Angaben haben im Dezember 2003 in China 79,5
Millionen Menschen regelmäßig das Internet genutzt. Die Zahl der
Computer mit Internet-Zugang stieg demnach im selben Zeitraum um rund
50 Prozent auf 30,9 Millionen. Peking fördert die Internet-Nutzung
vor allem in Wirtschaft und Bildung, versucht aber, die Bevölkerung
von regierungskritischen Berichten oder Nachrichten von
Menschenrechtsgruppen fern zu halten. Alle Internet-Cafes seien
verpflichtet, die Polizei über ihre Kunden zu informieren. "Mit der
Ausbreitung des Internets in China breitet sich auch die Zensur aus,"
erklärte die Organisation. Jeder, der im Internet surft, sei der
potenziellen Gefahr der Zwangsarbeit und Haft ausgesetzt. (APA/dpa)
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