Grafik: DER STANDARD
"Ich wünsche Ihnen, dass Sie nie mehr überfallen werden", sagt der Richter. "Danke, ich mir auch", erwidert die Bankbeamtin. Auf der Anklagebank sitzt ihr bisher vierter Räuber. Er wirkt zwar sympathisch, aber sie mag ihn nicht. Sie hat genug von ihnen allen.

Am 24. März stellte er sich zu Mittag seitlich neben sie, zeigte ihr verstohlen die Klinge eines Küchenmessers und sagte: "Ich will niemandem weh tun, aber ich brauche 50.000 Euro." Warum gerade 50.000? - Das kann er erklären: 30.000 für die Grunderwerbssteuer, 20.000 für die Professionisten. Ingenieur Harald O. hatte ein teures Haus gekauft und zu spät bemerkt, dass er sich nicht einmal ein billiges leisten konnte. Denn während seine Ehe brach, verlor er seinen Job. Verlass war nur noch auf die monatliche Rückzahlungsrate von 2000 Euro. Schuldenstand: 400.000 Euro. Alter: 31 Jahre. Zu jung, für den Bankrott. Also - Raiffeisenbanküberfall.

"Ich dachte, ich bin in einem schlechten Film"

Er: "Ich brauche 50.000 Euro." Sie, die Kassierin: "So viel Geld hab' ich nicht. Geben Sie sich mit kleineren Beträgen zufrieden!" - Na geh', so hatte er sich das nicht vorgestellt. "Ich dachte, ich bin in einem schlechten Film", sagt er heute. "Er ist ein bisschen armselig dort gestanden", erinnert sich die Kollegin, die den Alarmknopf drückte.

Und die Kassierin legte noch eins drauf: "Ich brauche von Ihnen eine Kontonummer!" Das war dem Räuber zu mühsam. Er drehte sich um und verließ die Bank. "Passiert ist ja noch nichts", räumt er ein. Die Polizei sah das anders und verhaftete ihn.

Die Kassierin relativiert als Zeugin ihre Coolness: "Ich wusste nicht, was ich sagte. Das ging alles automatisch, da kommt man nicht zum Denken. Angst hat man da keine." Erst jetzt, vor Gericht, zittert sie. Ingenieur Harald O. entschuldigt sich. Er muss wegen versuchten Raubes für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis. (DER STANDARD; Printausgabe, 19./20.4.2004)